Subagent: Selbstständig oder arbeitnehmerähnlich? (NL 29b/22)

Foto Mag. Novotny von Stephan Huger

Bekommt der Subagent auch Folgeprovisionen?
Wir sehen uns aktuelle Urteile dazu an!

Ein Subagent wandte sich an den IVVA und teilte uns den Zwischenstand seines Verfahrens mit, das er vor dem Arbeits- und Sozialgericht führt. Aktuell liegt das Urteil der 2. Instanz vor.

Ausgangslage kurz zusammengefasst:
Der Subagent war 4,5 Jahre in einer Allianz Agentur tätig und hat diese durch ordentliche Kündigung verlassen. In seinem Subagenten-Vertrag waren die Bezahlung von Folgeprovisionen oder Ausgleichsanspruch ausgeschlossen, was nach Ansicht des Subagenten eindeutig eine Sittenwidrigkeit darstellte. Und er ging davon aus, dass durch den neuen § 26c des Handelsvertretergesetzes, welcher erst durch ein OGH-Urteil gegen die Allianz in Kraft getreten war und den Anspruch von Folgeprovisionen auch bei Eigenkündigung des Agenten brachte, ein juristischer Erfolg eine reine Formsache sei und er Folgeprovision erhalten werde.

Der Subagent brachte die Angelegenheit vor das Arbeits- und Sozialgericht, weil er argumentierte, dass er arbeitnehmerähnlich sei.
Dies war nach „Fern-Einschätzung“ des auf Versicherungsrecht spezialisierten Anwalts Mag. Stephan Novotny möglicherweise ein Fehler, weil es schon mehrere Entscheidungen gibt, dass Subagenten nicht arbeitnehmerähnlich, sondern selbständige Unternehmer seien.

Bevor wir auf die Begründungen des Landesgerichts Eisenstadt und des Oberlandesgerichts Wien näher eingeben, noch eine grundlegende Bemerkung:
Leider ging es bei der Abwicklung des konkreten Prozesses nur um die Frage der Arbeitnehmerähnlichkeit versus Selbstständigkeit.
Keine Entscheidung wurde über die Frage getroffen, ob man als Subagent eine Folgeprovision laut Handelsvertretergesetz bekommt oder nicht. Denn wenn der Subagent ein selbstständiger Unternehmer ist (worauf es in diesem Verfahren hinauszulaufen scheint), dann müsste ihm doch auch eine Folgeprovision nach § 26c des Handelsvertretergesetzes zustehen (wie jedem anderen Agenten auch!).

Gilt für Subagenten das HVertG?
Fakt ist: Konkret stand im zugrunde liegenden Subagenten-Vertrag unter § 4: „Die Provisionsbestimmungen des HVertrG 1993 finden keine, auch nicht subsidiäre Anwendung“.
Die Klärung der Frage, ob ein Agent mit einem Subagenten einen Vertrag abschließen darf, in dem ausdrücklich die Gültigkeit des HVertG ausgeschlossen wird, wäre die wirklich spannende gewesen.

Nun zurück zum Verfahren erster und zweiter Instanz.
Tatsächlich kam das Landesgericht Eisenstadt sowie das Oberlandesgericht Wien zu einer identen Einschätzung, wie von Mag. Novotny aus der Ferne beurteilt. Nämlich, dass keine Arbeitnehmerähnlichkeit vorliege, sondern eine selbstständige Tätigkeit.

Bereits das Erstgericht zitierte aus dem Subagenturvertrag, den der Kläger mit der Allianz-Agentur abschloss. Dort scheint gleich im ersten Satz unter §1 auf: „Der Subagent ist selbstständiger Versicherungsagent….“. und weiters: „Der Subagent ist selbstständiger Unternehmer… trägt seine gewerbe-, sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Verpflichtungen in eigener Verantwortung. Der Subagent bestimmt frei über seine Zeit sowie über Art und Ort seiner Tätigkeit.“

Gerade der letzte Satz ist auch bei der Einschätzung seitens der Krankenkassen ein sehr eindeutiger Hinweis auf die Selbstständigkeit, was auch die beiden angerufenen Gerichte so beurteilten.

Sehr ausführlich führten die Gerichte an, was für die Selbstständigkeit des Subagenten spricht:
– keine vertragliche Einschränkung der Tätigkeit (also sozusagen kein Verbot für andere arbeiten zu dürfen),
– keine Berichtspflicht,
– keine Pflicht eine bestimmte Leistung zu erbringen, kein Mindestumsatz,
– keine Pflicht, im Betrieb (also dem Büro) des Agenten die Leistung erbringen zu müssen,
– keine Bindungen in zeitlicher, örtlicher oder sachlicher Hinsicht.

Für eine wirtschaftliche Unselbstständigkeit des Subagenten spreche – so das Gericht – , „dass er seine Tätigkeit … in einer gewissen Regelmäßigkeit und längeren Dauer verrichtet hat und er seine Tätigkeit nicht für eine unbegrenzte Zahl ständig wechselnder Unternehmer erbracht“ habe.

Im Urteil nimmt das Gericht auch Bezug auf ein konkretes OGH-Urteil (3 Ob 138/14 m), „wo die Tätigkeit eines selbstständigen Handelsvertreters deswegen bejaht wurde, weil der Kläger (also Subagent) dort nur für die Beklagte (also den Agenten) tätig werden durfte und deshalb von ihr wirtschaftlich abhängig war.“

Im vorliegenden Fall kommt das Gericht aber nach Abwägung der Gründe, die für Selbstständigkeit bzw. Arbeitnehmerähnlichkeit (also unselbstständige Arbeit) sprechen, „in ihrer Gesamtheit zum Ergebnis, dass kein arbeitnehmerähnliches Verhältnis vorgelegen sei“.

Ob der Subagent noch einen Versuch unternimmt, vielleicht doch noch seine Folgeprovision zu erhalten, ist noch nicht entschieden. Das ist natürlich auch eine Kostenfrage.

Warum nicht ein anderes Gericht?

Mag. Novotny schätzt die Sachlage aus der Ferne so ein, dass für die Klage auf Zahlung der Folgeprovision etc. das falsche Gericht angerufen wurde.

Wenn man als selbstständiger Subagent nicht vor dem Handelsgericht, sondern dem Arbeits- und Sozialgericht klagt, das ausschließlich für Angestellte zuständig ist, dann wird die (in dem Falle) falsche Gerichtsbesetzung in Form eines arbeitsrechtlichen Senats dazu führen, dass das Gericht ausspricht, dass die Sache vor das Handelsgericht bzw. hier Landesgericht gehört. So wie hier. Natürlich kann im Einzelfall nach Abwägung der obigen Kriterien auch eine unselbstständige Tätigkeit vorliegen. Bei Subagenten kommt dies aber in der Regel nicht vor.

In der Sache selbst – also die Ansprüche des Klägers – wurde bislang überhaupt nicht verhandelt. Sondern nur über die die Frage, ob selbstständige oder unselbstständige Tätigkeit vorliegt und vor welches Gericht daher die Causa gehört.

Daher bedeuten die bisher vorliegenden Urteile in diesem Falle NICHT, dass Subagenten nicht dem Handelsvertretergesetz unterliegen würden.

Möglicherweise hätte man die Klage nicht vor dem Arbeits- und Sozialgericht einbringen sollen, weil dieses nur für Prozesse von Arbeitnehmern vorgesehen ist.

Auch wenn in der Sache selbst kein Urteil vorliegt, ob dem Subagenten Folgeprovisionen zustehen oder nicht bzw. ob man das im Subagentenvertrag ausschließen darf, sollte man aus der Sachlage folgendes „lernen“:

  • Die Notwendigkeit einer Rechtsschutzversicherung
  • Auch den Subagentenvertrag sollte man vor dem Abschluss von einem Fach-Juristen prüfen lassen. Dieser hätte sicher darauf aufmerksam gemacht, was der Passus „Provisionen laut Handelsvertretergesetz werden ausgeschlossen“ bedeutet und empfohlen so etwas nicht zu unterschreiben.
  • Eine Abklärung mit dem Steuerberater ist ebenfalls anzuraten, weil auch die Steuererklärungen als Selbstständiger oder Angestellter unterschiedlich ausfallen
  • Die jeweilige Situation für den Fall des Falles auch dokumentieren, also auch Aktenvermerke für sich selbst verfassen, die die obigen Unterscheidungskriterien (Urlaub, Arbeitsmittel, Weisungen, etc) festhalten.

beste Grüße von Mag. Novotny und dem IVVA Team.

 

 

Für weitere Rückfragen steht Mag. Novotny – IVVA Mitgliedern gerne zum IVVA-Sonderpreis – zur Verfügung:

RA Mag. Stephan Novotny, Foto: Stephan Huger


RA Mag. Stephan Novotny

1010 Wien, Landesgerichtsstraße 16/12 (neu)

kanzlei@ra-novotny.at

https://www.ra-novotny.at

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