
Was steht im neu vorgelegten Allianz Agenturvertrag?
Auf vielfachen Wunsch sehen wir uns in den nächsten IVVA-Newslettern eine Reihe von Passagen an, die im kürzlich vorgelegten Allianz-Agenturvertrag zu finden sind. Aber sicher auch für alle Agenten von Interesse sind, weil man damit ein besseres Gefühl bekommt, was erlaubt ist und was nicht.
Selten haben wir eine so starke Reaktion auf einen Beitrag erhalten, wie auf unsere vorwöchige Ankündigung zum neu vorgelegten Allianz-Agenturvertrag. Zum Nachlesen hier klicken…! Darin können Sie auch lesen, was betroffene Allianz-Agenten vom neuen Vertragswerk halten…
Heute sehen wir uns die ersten beiden – gravierenden – Punkte näher an, die unserer Ansicht nach bedenklich sind. In der Hoffnung, dass vielleicht Allianz in diesen wesentlichen Punkten doch noch einlenkt.
Ich wiederhole den vorwöchigen Rat: Diesen Vertrag sollten Sie nicht ohne juristische Beratung akzeptieren. Hoffentlich können Sie Abänderungen erreichen.
Den Allianz-Agenturvertrag – inklusive Kommentaren – finden Sie in unserer Rubrik „Agenturverträge“, hier…
Die ersten beiden Fragen zum neuen Agenturvertrag lauten:
- Darf Allianz die Haftung für den Agenten im Agenturvertrag auf die Höhe der gesetzlichen Mindestversicherungssumme beschränken? Oder gilt doch § 1313a ABGB?
- Warum verlangen Allianz und Top Versicherungsservice einen Auftragsverarbeitervertrag, obwohl Agenten bei ihrer normalen Tätigkeit keine weisungsgebundenen Auftragsverarbeiter, sondern eigenverantwortliche und selbständige Unternehmer sind? Und daher Agent und Versicherer gemeinsam Datenverantwortliche sind?
Zur Frage 1:
Darf Allianz die Haftung für den Agenten im Agenturvertrag auf die Höhe der gesetzlichen Mindestversicherungssumme beschränken? Und damit die uneingeschränkte Haftung für den Agenten nach § 1313a ABGB einschränken?
Kurze Antwort. Nein. Darf sie nicht.
Nun zu den Details:
Im neuen vorliegenden Allianz-Agenturvertrag steht unter Punkt 2b), dass die Allianz bis auf weiteres die uneingeschränkte Haftung gemäß § 137c Abs 2 GewO bis zur Höhe der gesetzlichen Mindestversicherungssummen übernimmt.
(Hinweis: Hier nimmt man auf die in der Gewerbeordnung vorgeschriebene Haftpflichtversicherung des Agenten Bezug. Mehr zum § 137c GewO können Sie hier nachlesen…
Also abgesehen davon, dass der Satz in sich unlogisch ist – man spricht von UNeingeschränkter Haftung, um diese eine halbe Zeile weiter auf die Höhe der gesetzlichen Mindestversicherungssummen einzuschränken, ist diese Regelung rechtlich bedenklich.
Denn sie widerspricht eindeutig dem Grundsatz nach § 1313a ABGB.
Was steht im § 1313a?
„Wer einem andern zu einer Leistung verpflichtet ist, haftet ihm für das Verschulden seines gesetzlichen Vertreters sowie der Personen, deren er sich zur Erfüllung bedient, wie für sein eigenes.“ Folge dieses Paragraphen: Der Versicherer haftet für den Agenten.
Und es gibt keine Möglichkeit diese Haftung auch nur irgendwie einzuschränken. Hier nachzulesen…
Achtung: Das ist kein Streit, um des Kaisers Bart, sondern kann dramatische finanzielle Auswirkungen haben.
Ein konkretes Beispiel: Wie man regelmäßig in Sendungen wie den Volksanwalt hören und sehen kann, wird häufig um die finanziellen Folgen nach Unfällen zwischen Anwälten, Versicherungen und Sachverständigen gestritten.
Nehmen wir an, dass jemand nach einem Unfall schwerst behindert ist und damit aus dem Beruf gerissen wird und viele Jahre viele Behandlungen brauchen wird. Beides kann zu Millionen-Forderungen des Geschädigten führen. Weil man den Verdienstentgang vieler Jahre, die zu erwartenden Behandlungskosten, die vielleicht künftig auftretenden Folgen und deren Behandlung, den behindertengerechten Umbau der Wohnung, etc. berechnet.
Ja, das mag ein Extremfall sein, aber der Sinn von Versicherungen ist ja, vor solchen existentiellen Risiken zu schützen.
Wenn nun ein Fehler des Versicherungsvermittlers passiert ist und dann die versicherte Person einen oben skizzierten Unfall erleidet, dann darf sich die Allianz nicht auf die im Agenturvertrag vorgeschriebene maximale Höhe der Haftpflichtversicherung zurückziehen.
Obige Passage im Agenturvertrag hätte zur Folge, dass die Haftung der Allianz auf 1,250 Mio pro Schadensfall und auf 1,850 Mio. € für alle Schadensfälle eines Jahres begrenzt wäre. Diese Einschränkung erlaubt aber §1313a nicht!
Mit Frage 2 beschäftigen wir uns im nächsten IVVA Newsletter! Denn es ist viel zu klären!
Den Allianz-Agenturvertrag mit ersten Bemerkungen, welche Passage unklar, benachteiligend oder sogar rechtlich bedenklich ist, finden Sie hier…
Beste Grüße von Mag. Novotny und dem IVVA Team
Sollten Sie noch keinen Anwalt haben: Mag. Stephan Novotny, ein auf Versicherungs- und Datenschutzrecht spezialisierter Fachanwalt steht gerne zur Verfügung. Für IVVA-Mitglieder sogar zum Spezialpreis.
Mag. Novotny steht nicht nur Branchen-Vertretern, sondern gerne auch betroffenen Kunden mit Rat und Tat zur Verfügung.

RA Mag. Stephan Novotny
1010 Wien, Landesgerichtsstraße 16/12