
Im kürzlich erhaltenen Agenturvertrag der Donau fanden wir leider wiederum bereits bei anderen Häusern kritisierte Passagen, da sie für Vermittler grob benachteiligend sind und eine Regelung ist obendrein gesetzwidrig.
Ohne Klarstellungen, Abänderungen sollten Sie diesen Agenturvertrag nicht akzeptieren, also nicht unverändert unterschreiben.
Bedenken Sie: Wie bei einer Hochzeit ist beim Abschluss des Vertrages scheinbar alles super. Doch viele Ehen scheitern und dann beginnen die Streitereien. Und plötzlich wird ein „und“ oder „oder“ ganz entscheidend. Und man wäre froh hätte man bestimmte Dinge ganz eindeutig geregelt.
Und auch im DONAU-Vertrag haben wir Passagen gefunden, die in unseren Augen in jedem Fall klargestellt und abgeändert werden sollten. So ist z.B. die Passage zur Provision im Kündigungsfall unklar formuliert und wird wohl im Streitfall unterschiedlich ausgelegt werden können.
Eine weitere Passage ist für den Agenten grob benachteiligend, eine andere definitiv gesetzeswidrig. Andere Passagen haben vielleicht keine dramatischen Folgen, sollten dennoch hinterfragt, klarer definiert oder abgeändert werden.
Und aus anderen Passagen glauben wir zu erkennen, dass die DONAU selbständige Agenten mit eigenen Angestellten verwechselt und zu Unrecht glaubt, auch sie auch den Agenten alles vorschreiben zu können. Diese zustarken Eingriffe in ein selbständiges Unternehmen sollten Sie strikt ablehnen.
Den DONAU-Vertrag mit unseren Kommentaren finden Sie in unserer Rubrik „Agenturverträge“, wo rund 50 Verträge mit Bemerkungen, was für Sie als Vermittler benachteiligend ist. Klicken Sie dazu hier…
Hier folgt nun der Kommentar (mit unseren wesentlichen Kritikpunkten), den wir mit RA Mag. Stephan Novotny erstellt haben.
A) Konventionalstrafe bei Verletzung der Verschwiegenheitspflicht
Beginnen wir unsere Beurteilung mit der eindeutig gesetzwidrigen Passage:
Unter Punkt „8. Verschwiegenheitspflichten“ wird im Falle der Nicht-Einhaltung eine Konventionalstrafe von 10.900 Euro vereinbart, die NICHT DEM RICHTERLICHEN MÄßIGUNGSRECHT unterliegt (das ist der gesetzwidrige Passus, denn im § 1336 Abs. 2 steht eindeutig, dass „in allen Fällen“ … der Richter den Betrag mäßigen kann).
Geheimhaltung ist im Geschäftsleben durchaus normal. Eher selten wird aber gleich eine Strafe für das Nicht-Einhalten angedroht. Unserer Erinnerung nach nur im VERDAS- und im neu verhandelten Allianz-Vertrag. Welches Geheimnis möchte man da so sehr schützen?
Dazu RA Mag. Novotny: Die rechtlichen Vorschriften zu Konventionalstrafen sind im § 1336 ABGB geregelt. Zweck ist eine Art Schadenspauschalierung, die dazu dient, sich eine exakte, oftmals komplizierte Berechnung des im Einzelfall eingetretenen Schadens zu ersparen. Die Höhe kann grundsätzlich vertraglich frei festgelegt werden, unterliegt jedoch erstens der Beschränkung der Sittenwidrigkeit gem. § 879 ABGB und zweitens dem richterlichen Mäßigungsrecht gem. § 1336 Abs. 2 ABGB. Mit Einführung des UGB im Jahre 2005 wurde dieses Mäßigungsrecht nunmehr generell unabdingbar.
Wann sittenwidrig?
Eine Sittenwidrigkeit einer Pönalvereinbarung kann sich dadurch ergeben, dass die Zahlung des Pönales das wirtschaftliche Verderben des Vertragspartners herbeiführen oder seine wirtschaftliche Bewegungsfreiheit übermäßig beeinträchtigen könnte oder wenn schon bei einer nur geringfügigen Fristüberschreitung eine hohe Strafe verwirkt sein sollte. Der Maßstab der Sittenwidrigkeit hängt auch davon ab, ob das Pönale frei verhandelt wurde oder sich in AGBs befindet. Handelt es sich um eine Bestimmung in AGBs, ist man gem. § 879 Abs. 3 ABGB deutlich schneller in der Sittenwidrigkeit, da hier eine „verdünnte Willensfreiheit“ des Vertragspartners vorliegt (vgl. Kletecka/Schauer, ABGB-ON, § 1336, Rz 15).
Das richterliche Mäßigungsrecht nach § 1336 Abs. 2 ABGB ist vertraglich unabdingbar, es kann also darauf im Voraus nicht verzichtet werden. Es handelt sich dabei um einen Fall richterlicher Rechtsgestaltung, die den sozial schwächeren Vertragspartner schützen soll. Die absolute Untergrenze des richterlichen Mäßigungsrechts bildet der tatsächlich eingetretene Schaden. Der Richter hat sich daher zwischen dem vereinbarten Pönalbetrag und dem tatsächlichen Schaden zu bewegen (vgl. Kletecka/Schauer, ABGB-ON, § 1336, Rz 23 ff).
Diese Passage muss also gestrichen werden.
B) Rückgabe aller Unterlage bei Beendigung der Zusammenarbeit mit dem Versicherer
Wir kritisieren bekanntlich schon „seit Jahren“, dass man Agenten im Agenturvertrag vorschreibt, im Kündigungsfalle alle Unterlagen zurück geben zu müssen.
Dies ist deshalb sehr bedenklich und den Agenten benachteiligend, weil dann nach Rückgabe aller Unterlagen der Vermittler sich z.B. nicht vom Vorwurf einer behaupteten Fehlberatung durch den Kunden freibeweisen kann.
Leider taucht auch bei DONAU diese Passage auf, konkret unter §11:
Daher stellen wir wiederum die Frage an Mag. Novotny:
Darf der Versicherer bei Beendigung der Zusammenarbeit mit dem Vermittler die Rückgabe aller Unterlagen verlangen?
Mag. Novotny: Für mich stellt sich bei solchen Passagen immer die Frage, was für „Unterlagen“ da gemeint sind.
Geht es z.B. nur um Werbeunterlagen des Versicherers (das wäre ok) oder z.B. um Beratungsprotokolle, Kundendateien, Sicherungen etc.?
Im vorliegenden Fall scheint DONAU tatsächlich zu wollen, dass der Agent ALLES zurückgibt.
Konkret werden Bestandsausdrucke, Kundendaten, Akten, EDV-Speicherungen, etc. angeführt.
Diese Passage sollten Sie unbedingt streichen, keinesfalls akzeptieren.
Unserer Ansicht nach ist der Agent – und ganz besonders ein Mehrfachagent – keinesfalls ein Auftragsverarbeiter wie etwa eine Werbeagentur, eine Druckerei, etc. der man alles für einen Auftrag vorschreiben kann.
Nein, Agenten sind selbständige Unternehmer und Datenverantwortliche nach der DSGVO. Und findet der Agent einen Kunden für den Versicherer, übergibt er den Versicherungsantrag an den Versicherer und damit werden Agent und Versicherer GEMEINSAME DATENVERANTWORTLICHE nach der DSGVO.
Ein Datenverantwortlicher kann jedenfalls nicht dazu gezwungen werden, einem anderen (Mit-) Verantwortlichem alle Unterlagen mitsamt Kopien herauszugeben.
Und um das Problem zu vermeiden, dass der Agent alle Unterlagen zurückgeben muss und somit „schutzlos gegen Klagen ist“, drängen wir darauf, dass Agenten KEINESFALLS einen Auftragsverarbeitervertrag gemeinsam mit dem Agenturvertrag unterschreiben, sondern darauf bestehen, als Datenverantwortlicher eingestuft zu werden.
Aber in JEDEM FALL – sozusagen als Mini-Kompromiss – sollte vereinbart werden, dass sich der Agent zumindest Kopien seiner Kundenunterlagen anfertigen darf.
Achtung: Immer wieder hört man in diesem Zusammenhang: Das „Wieder-Zurückgeben von Unterlagen durch den Versicherer sei doch kein Problem“. „Wenn es ein Problem mit Kunden, etc. gebe, dann rufen sie einfach an und wir machen eine Kopie für sie“.
Tipp: Auf solche Aussagen sollte man sich zur Sicherheit nicht verlassen, sondern eher seinen eigenen Unterlagen vertrauen und daher zumindest Kopien anfertigen.
Daher: Vor Unterschrift sich zumindest das Recht schriftlich einräumen lassen, dass Sie von allen Kundenunterlagen, Beratungsprotokollen, etc. eine Kopie behalten können. Andernfalls könnten Sie schlechte Karten haben…
C) Unklare Regelung der „Ansprüche bei Beendigung des Agenturvertrags“
Unter Punkt 10 werden sehr kompliziert, unklar und unter Verwendung von mehreren Begriffen – die das Handelsvertretergesetz so nicht kennt, Provisionsansprüche geregelt.
Statt dem korrekten Begriff der Folgeprovision ist hier von BESTANDSprovision die Rede. Wir nehmen nun mal an, dass hier die Folgeprovision gemeint sein könnte.
Dazu Mag. Novotny:
Der Absatz 1 ist meines Erachtens doppelt verneint. Es erlöschen nur die Betreuungsprovisionen, nicht aber die Folgeprovisionen, die hier offensichtlich als Bestandsprovision bezeichnet werden. Besser wäre natürlich, die gesetzlichen Begriffe (Folgeprovision) zu verwenden. Der Absatz 1 sollte umformuliert werden, um eine Klarstellung zu erreichen.
D) Nicht klar geregelte Punkte, die in Ihren Auswirkungen nicht so dramatisch sind, aber dennoch klargestellt werden sollten
d1) „Kostenlose“ Mitarbeit bei der Regulierung von Schadensfällen
Laut § 2, 3. Absatz ist mit der erhaltenen Provision „alles abgegolten“.
Konkret ist hier geregelt:
„Dies gilt auch für Ihre Mitwirkung bei der Regulierung von Schadensfällen. Darüber hinausgehende weitere Vergütungen bedürfen einer besonderen Vereinbarung“.
Diesen Punkt also nicht übersehen, sondern regeln, wie Ihre Aufgaben im Schadensfall aussehen und was für welche Leistungen Ihrerseits vergütet werden muss.
d2) Stornoreserve mindestens 20 %
Ebenfalls im § 2, gegen Ende von Seite 3 steht, dass von den Provisionen „ein angemessener Anteil als Stornoreserve, mindestens aber eine Stornoreserve in Höhe von 20 % …“ einbehalten wird.
Hier sollten Sie klären, was ist ein angemessener Teil?
Mindestens 20% oder 50% oder ???. Das sollten Sie klären und genauer schriftlich vereinbaren.
E) Einen selbständigen Unternehmer zu stark einschränkende Paragraphen
e1) Bürogemeinschaft benötigt Zustimmung der DONAU
Im Punkt 4 im letzten Absatz auf Seite 4 steht, dass „das Eingehen einer Bürogemeinschaft mit Dritten aus der Versicherungswirtschaft der schriftlichen Genehmigung der DONAU bedarf.
Hier glauben wir, dass die Donau die Agenten mit eigenen Angestellten verwechselt und zu Unrecht glaubt, auch den Agenten alles vorschreiben zu können.
Warum von „Dritten aus der Versicherungswirtschaft“ eine Gefahr für die Sicherheit von Daten ausgehen soll (wie die DONAU argumentiert), aber von anderen Unternehmen, die nicht aus der Versicherungswirtschaft stammen, nicht, erschließt sich uns nicht.
Unserer Ansicht nach greift diese Passage zu stark in die Selbständigkeit des Agenten ein.
Diese Passage sollten Sie streichen lassen.
e2) Vorherige Abstimmung von „werblichen Aktivitäten, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind“
Im § 4, am Beginn von Seite 5 wird definiert, dass die“ Gestaltung der Agenturbeschriftung durch Leuchtschrift, Schilder usw“ vorher mit der DONAU abzustimmen ist.
Dies können wir noch nachvollziehen, weil hier sicher CI und CD-Bestimmungen des Versicherers einzuhalten sind.
Aber im gleichen Satz steht auch:
„Sie werden den Inhalt von werblichen Aktivitäten, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind“… vorher mit der DONAU abstimmen.
Das bedeutet in der Praxis, dass Sie zwar ein selbständiger Unternehmer sind, also kein Gehalt, keine Sozialleistungen etc. erhalten, aber dennoch keine eigene Webseite, keinen eigenen Newsletter etc. nutzen dürfen, ohne die Inhalte vorher von der DONAU absegnen zu lassen.
Unserer Ansicht nach greift diese Passage zu stark in die Selbständigkeit des Agenten ein.
Diese Passage sollten Sie streichen lassen.
Beste Grüße vom IVVA Team und Mag. Novotny
Sollten Sie noch keinen Anwalt haben: Mag. Stephan Novotny, ein auf Versicherungs- und Datenschutzrecht spezialisierter Fachanwalt steht gerne zur Verfügung, für IVVA Mitglieder sogar zum Spezialpreis.

RA Mag. Stephan Novotny, Foto: Stephan Huger
RA Mag. Stephan Novotny
1010 Wien, Landesgerichtsstraße 16/12