Geldstrafen bis zu 20.000 € oder 3-facher Monatsprovision sollen wohl Wohlverhalten erzwingen.
In den letzten Tagen häuften sich beim IVVA und Mag. Novotny die Anfragen zum neuen Allianz-Vertragswerk. In Summe wurden 120 Seiten ausgesandt, an denen wohl lange gefeilt wurde.
In den Agenten-Rückmeldungen wird völliges Unverständnis für den „Geist“ des Vertrags ausgedrückt: „… uns fehlen die Worte zu diesem Vertragswerk, das ein weiteres partnerschaftliches Verhältnis unmöglich macht“.
Auf heftige Ablehnung stößt der seitenweise Strafen-Katalog, behübschend „Konsequenzen-Management“ genannt.
Man liest von „…stellt ein offen gelegtes Misstrauen des Vertragspartners dar…“ und man vermisst die „geschäftliche Wertschätzung…“ seitens der Allianz.
Auch der Agenturvertrag selbst ist als geheim eingestuft. D.h. das Reden darüber, das Rat einholen, ist schon strafbar. Es wird während des Vertragsverhältnisses mit bis zu 3 durchschnittlichen Monatsprovisionen und nach Beendigung mit bis zu 20.000€ Konventionalstrafe sanktioniert. Und womöglich noch ein „darüberhinausgehender Schadenersatz“ gefordert.
Manche Agenten fragten, ob dieser Vertrag mit seinen Knebelungsversuchen, nicht etwa „…ein verstecktes Angestelltenverhältnis, das nur der Verhinderung von Lohn- und Lohnnebenkosten dient“… zu sehen wäre. So muss man z.B. einen Auftragsverarbeitervertrag mit der Allianz (falsch, da Agenten im Normalgeschäft keine Auftragsverarbeiter der Versicherer sind), aber auch einen verpflichtenden Agenturvertrag mit TOP Versicherungsservice Gmbh (ob man das will oder nicht) und einen weiteren Auftragsverarbeitervertrag mit TOP, und einiges mehr akzeptieren.
Anderen Agenten stößt heftig auf, dass man nicht polizzieren könne, wenn man nicht das Beratungsprotokoll sowie Handy-Nummer und E-Mail-Adresse des Kunden hochlädt.
Auch habe Allianz fixiert, dass z.B. bei der Konvertierung der Unfallversicherung eine dreijährige Vertragslaufzeit vorgesehen sei. Was zur Folge habe, dass der Agent nach 3 Jahren keine Folgeprovision mehr bekomme. Egal wie lange der vermittelte Vertrag des Agenten der Allianz Umsatz und Gewinn bringt. Das sei eine Schlechterstellung der Agenten.
Also viele Argumente, um sich den neuen Agenturvertrag samt Anhängen näher anzusehen.
Den Allianz-Agenturvertrag mit ersten Bemerkungen, welche Passage unklar, benachteiligend oder sogar rechtlich bedenklich ist, finden Sie hier…
Wir werden uns in den nächsten Wochen mit mehreren der oben genannten Punkte näher beschäftigen. Und wahrscheinlich mit zusätzlichen Stellen des Vertragswerkes, denn je öfter man das Konvolut liest, umso mehr fällt einem auf bzw. fragt man sich, warum wurde das so formuliert.
Klar ist aber bereits jetzt: Diesen Vertrag sollten Sie nicht ohne juristische Beratung akzeptieren.
Holen Sie sich vor Unterschrift Rat eines auf Versicherungsrecht spezialisierten Anwalts ein, der Ihnen genau erklärt, was die einzelnen Passagen für Sie bedeuten. Unserer Ansicht nach enthält er zahlreiche, die Agenten benachteiligende Passagen und viele Fragen, wie etwa:
- Darf Allianz eine Mindestdauer des Agenturvertrags von 5 Jahren vorschreiben?
- Darf Allianz die Haftung für den Agenten im Agenturvertrag auf die Höhe der gesetzlichen Mindestversicherungssumme beschränken? Oder gilt doch §1313a?
- Darf Allianz die Strafen laut Konsequenzen-Management vorschreiben?
- Darf Allianz das gerichtliche Mäßigungsrecht ausschließen?
- Ist der Agent noch ein selbständiger Unternehmer (wenn man die vielen Vorschriften und den Strafenkatalog zur Beurteilung heranzieht) oder doch eher ein „verdeckter“ Angestellter?
- Darf die Allianz verpflichtend verlangen, dass man mit dem Agenturvertrag auch einen Agenturvertrag mit Top Versicherungsservice Gmbh unterschreiben muss?
- Warum verlangen Allianz und Top Versicherungsservice einen Auftragsverarbeitervertrag obwohl Agenten bei ihrer normalen Tätigkeit keine weisungsgebundene Auftragsverarbeiter, sondern eigenverantwortliche und selbständige Unternehmer sind? Und daher Agent und Versicherer gemeinsam Datenverantwortliche
- Darf Allianz absolute Geheimhaltung – auch das Agenturvertragsinhalts – verlangen und dies mit Strafen bis zu 000€ bedrohen?
- Ist die verpflichtende Vorgabe der Allianz, dass der Agent bei Auflösung des Agenturvertrags alles retournieren muss, also Unterlagen, Kundenunterlagen – sogar von jenen Kunden, die der Agent selbst angeworben hat – etc. gesetzlich in Ordnung?
- Warum wird dem Agenten 40 % der Folgeprovision nicht ausbezahlt, weil er nicht mehr betreuen kann?
- Darf die Allianz vorschreiben, dass der Agent ein Nachfolgekonzept – in Abstimmung mit der Allianz – vorlegen soll. Andernfalls sie sich das Recht einräumt, einen Nachfolger selbst zu ernennen?
- Ist der angedrohte Verfall von Ansprüchen binnen 3 Monaten ab Fälligkeit korrekt?
- Darf sich Allianz wirklich das Recht ausbedingen, dass der Agent die Änderung / Ernennung von Geschäftsführern, Eröffnung von Betriebsstätten, nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung der Allianz durchführen darf?
Und und und…
Es ist also viel zu klären! Wir sehen uns das in den nächsten Newslettern Punkt für Punkt näher an.
Den Allianz-Agenturvertrag mit ersten Bemerkungen, welche Passage unklar, benachteiligend oder sogar rechtlich bedenklich ist, finden Sie hier…
Beste Grüße von Mag. Novotny und dem IVVA Team
Sollten Sie noch keinen Anwalt haben: Mag. Stephan Novotny, ein auf Versicherungs- und Datenschutzrecht spezialisierter Fachanwalt steht gerne zur Verfügung. Für IVVA-Mitglieder sogar zum Spezialpreis.
Mag. Novotny steht nicht nur Branchen-Vertretern, sondern gerne auch betroffenen Kunden mit Rat und Tat zur Verfügung.
RA Mag. Stephan Novotny
1010 Wien, Landesgerichtsstraße 16/12