Seit Monaten diskutiert die Branche über die „Kleinanleger-Richtlinie“, in der die EU-Kommission und auch die Aufsichtsbehörde ESMA ein generelles Provisionsverbot vorgesehen haben.
Dieses generelle Provisionsverbot scheint vom Tisch zu sein.
Aber das Aufatmen, das man manchen Pressemeldungen entnehmen konnte, ist verfrüht, denn „die Giftzähne“ liegen woanders.
Im Österreichischen Parlament ist am 3.7. der entsprechende EU-Vorschlag eingelangt und kann hier auf 143 Seiten nachgelesen werden:
Omnibus-Richtlinie zur Umsetzung der Kleinanleger-RL_auf DEUTSCH
Die EU begründet ihr Einschreiten damit, dass man „spezifische Mängel in Schlüsselphasen des Vertriebs- und Investitionsprozesses“ (Seite 8) gefunden habe. Konkret seien „3 Hauptbereiche ermittelt worden, nämlich
1) Offenlegung und Marketing-Mitteilungen,
2) Anreize und
3) günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis“ (siehe Seite 9 des vorliegenden Entwurfs).
Und dieses „Preis-Leistungs-Verhältnis“ – im englischen Original als „value for money“ tituliert, nimmt eine zentrale Rolle in diesem Konzept ein. An dieser Leitlinie – Neudeutsch Benchmark – werden wir alle künftig gemessen werden.
Sollten Sie sich jetzt fragen, „was geht es mich an, wenn die die Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA sich hier so aktiv „einmischt“ und ein Provisionsverbot für Anlageprodukte, wie etwa Lebensversicherungen und damit Änderungen in der MiFID verlangt“, so sei daran erinnert, dass das was die EU jetzt bei der MiFID-Überarbeitung (Wertpapierverkauf) durchsetzt, via „copy and paste“ 1:1 auch bei der IDD-Überarbeitung (Versicherungsverkauf) zu kommen droht.
Daher hat sich der gesamte Versicherungsvertrieb hier alarmiert gezeigt und wurde aktiv. Auch wir haben regelmäßig berichtet. U.a. hier:
https://ivva.at/provisionsverbot-zu-frueh-gefreut-nl-15b-23/
https://ivva.at/teil2-zu-provisionsverbot-eu-institutionen-lassen-nicht-locker-nl-4b-23/
https://ivva.at/provisionsverbot-eu-institutionen-lassen-nicht-locker-nl-2-23/
Leider ging die Diskussion in den letzten Monaten ausschließlich in Richtung Provisionsverbot.
Studiert man aber den aktuellen Vorschlag, dann erkennt man, dass noch ganz andere Herausforderungen auf unsere Branche warten.
Hier ein paar Stichworte zu den „Giftzähnen“: Teilweise Provisionsverbote (execution only), verschärfte Kostenoffenlegungspflichten und Weiterbildungspflichten, Verschärfung des „best-interest-Prinzips“ (das vermittelte Produkt muss im besten Interesse des Kunden sein), value for money-Benchmark.
Doch was versteht man unter diesem „value for money“ und worin liegt hier das Gefahrenpotential für uns alle?
Zum momentanen Stand der Kleinanleger-Richtlinie:
Die EU hat kürzlich eine „Omnibus Directive“ zur Konsultation und Umsetzung der „Kleinanleger-Richtlinie“ ausgesandt, die nun auf Deutsch vorliegt: Omnibus-Richtlinie zur Umsetzung der Kleinanleger-RL_auf DEUTSCH
Warum Omnibus? Stellen Sie sich geistig einen Bus vor und darin sitzen alle EU-Richtlinien wie IDD, MIFID, PRIIPs, AIFMD usw. mit.
Durch diese Ominbus-Directive werden die entsprechenden Paragraphen IDD, MiFID, PRIIPs, AIFMD, Solvency usw. direkt verändert und wirksam.
Konsequenz: Egal ob Hersteller oder Vertreiber von Investment- und Versicherungsprodukten – alle werden betroffen sein.
Aber: Nicht die Abschaffung der Provision ist das große Problem, sondern verschärfte Kostenoffenlegungspflichten und die Definition einer Benchmark „value for money“.
Value for money: Was bedeutet das? Was bezweckt die EU damit? Das fassen wir nächste Woche für Sie zusammen!
beste Grüße vom IVVA Team
Quellen: Webseite EU Kommission und des österreichischen Parlaments