Neue Fragen aus der Praxis. RA Mag. Stephan Novotny antwortet.
Immer wieder kommen Fragen an unsere Partner-Anwälte, von denen wir gezielt wieder einige ausgewählt haben, da sie für alle Agenten interessant sein könnten.
Konkret sehen wir uns heute an:
A) Darf Versicherer dem Vermittler aus Datenschutzgründen Informationen zu einer Kündigung des Kunden verweigern?
B) Darf ein Agent in ein Makler-Büro einsteigen?
C) Darf Versicherer das gleiche Produkt dem Makler um 40-50 % billiger verkaufen lassen, während dem hauseigenen Agent das Annehmen des Kunden/Projekts wegen zu hohem Risiko verboten wurde?
Die Antworten des auf Versicherungsrecht spezialisierten RA Mag. Stephan Novotny finden Sie unten anbei.
Hier folgen die Antworten von RA Mag. Stephan Novotny:
ad A) Darf der Versicherer dem Vermittler aus Datenschutzgründen Informationen zu einer Kündigung des Kunden verweigern?
Dazu kamen 3 ähnlich lautende Anfragen mit unterschiedlichen Zusatzfragen. Wir sehen uns heute die Grundfrage näher an:
Der Sachverhalt: Aufgrund der Rückforderung von Provisionen aus Vorperioden wird ein Vermittler auf eine Vertragsstornierung aufmerksam und möchte vom Versicherer konkrete Informationen (etwa Kündigungsschreiben bzw. Zeitpunkt dessen Einlangen beim Versicherer) haben.
Ein Vermittler erhielt vom Versicherer die Antwort, dass man wegen Datenschutz keine Antwort geben dürfe. Anderen Vermittlern wurde die Kündigung bestätigt, aber weitere Details wegen Datenschutz verweigert.
Hat der Vermittler ein Recht auf Einsicht (Kündigung und Zeitpunkt des Einlangens) – um z.B. die Provisionsabrechnung kontrollieren zu können? Aber auch um bei seinem ehemaligen Kunden nachzufragen, warum gekündigt wurde, um besser zu werden, etc.
Dazu RA Mag. Stephan Novotny:
Gemäß § 16 HVertrG hat ein Versicherungsagent das Recht, vom Versicherer zur Nachprüfung des Betrages der ihm zustehenden Provision einen Buchauszug sowie alle Auskünfte zu verlangen. Dies gilt auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses mit dem Versicherer.
Gemäß einer Entscheidung des OLG München (21.07.2019, 7 U 4012/17) steht die DSGVO dem Recht auf Buchauszug nicht entgegen, da die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen eines Dritten erforderlich ist (Art 6 Abs. 1 Z f DSGVO). Österreichische Rechtsprechung konnte ich dazu nicht finden. Jene Rechtsansicht des OLG München erscheint mir aber überzeugend, da der Agent auf den Buchauszug angewiesen ist, um die Richtigkeit und Vollständigkeit der Provisionen zu überprüfen.
Und noch ein Gegen-Argument:
Der Verweis auf die DSGVO erscheint mir bereits grundsätzlich hinterfragenswert, wie wir schon oft erklärt haben (u.a. hier…. und hier…)
Denn der Agent ist als selbstständiger Unternehmer kein weisungsgebundener AuftragsVERARBEITER der Versicherung sondern ein eigenverantwortlicher DatenVERANTWORTLICHER nach DSGVO. Der Agent berät den Kunden, vermittelt eine Versicherung und übergibt – egal ob auf Papierform oder durch Online-Eingabe – diese Daten an den Versicherer. Und ab diesem Moment werden Versicherer und Agent GEMEINSAME DatenVERANTWORTLICHE.
Daher kann der Versicherer – auch nach der Beendigung des vermittelten Versicherungsvertrages – dem Agenten nicht die Informationen hinsichtlich Kündigung verweigern.
ad B) Darf ein Agent in ein Makler-Büro einsteigen?
Frage:
Derzeit bin ich als Ausschließlichkeitsagent für eine Versicherung tätig. Jetzt hätte ich die Möglichkeit in eine Makler OG einzusteigen. Das Ausschließlichkeitsverhältnis möchte ich ungern kündigen, da ich mit der Versicherung wirklich ein sehr gutes Verhältnis habe. Auf der anderen Seite hätte ich natürlich als Makler viel mehr Möglichkeiten. Meine Frage wäre also, ob ich bei der Makler OG einsteigen kann, ohne mein Agenturverhältnis aufzulassen?“
Dazu RA Mag. Stephan Novotny:
Bis vor wenigen Jahren gab es tatsächlich Fälle, wo beide Gewerbescheine also Agent und Makler genutzt wurden.
Aber seit dem „Projekt Statusklarheit“ geht dies nicht mehr. Wir haben dazu schon mehrmals berichtet, u.a. hier zum Nachlesen:
https://ivva.at/mag-novotny-zur-idd-statusklarheit_nl_2b_19/
Die „historischen Fälle“ wurden so gelöst, dass der Vermittler entweder selbst entscheiden konnte, welchen Gewerbeschein er zurückgeben möchte. Aber im Falle des Nicht-Handelns wurden die bestehenden Berechtigungen vom Gesetzgeber als „Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsagent“ eingestuft und die übrige Berechtigung als ruhend festgelegt. So wurde es dann auch im GISA-Register eingetragen.
Ziel ist mit dieser Regelung, dass die „Verwechslungsgefahr“ seitens des Kunden reduziert werden soll.
Daher musste seit Start der Statusklarheit eine Gewerbeberechtigung ruhend gestellt werden. Vereinfacht gesagt gilt nun: Auf 2 Hochzeiten zu tanzen ist nicht mehr erlaubt…
Geregelt ist das im §137 der Gewerbeordnung:
https://www.jusline.at/gesetz/gewo/paragraf/137
(2a) Eine bei Neuanmeldung bestehende oder neu angemeldete weitere Gewerbeberechtigung der jeweils anderen in Abs. 2 zweiter Satz genannten Form wird zu einer ruhenden Berechtigung. § 93 Abs. 2 ist sinngemäß mit der zusätzlichen Maßgabe anzuwenden, dass die Anzeige der Wiederaufnahme der Gewerbeausübung eines gemäß dem ersten Satz ruhenden Gewerbes nur unter der Voraussetzung zulässig und wirksam ist, dass betreffend die jeweils andere in Abs. 2 zweiter Satz genannte Form der Gewerbeberechtigung zum Zeitpunkt der Wiederaufnahmeanzeige entweder das Ruhen der Gewerbeausübung angezeigt worden oder die Endigung der Gewerbeberechtigung eingetreten ist.
Ich fürchte also, Sie müssen sich für eine Gewerbeberechtigung entscheiden. Also überlegen, ob Ihnen das gute Verhältnis zu Ihrem jetzigen Versicherungspartner mehr wert ist, als die (theoretisch) größeren Möglichkeiten als Versicherungsmakler.
ad C) Darf Versicherer das gleiche Produkt dem Makler um 40-50 % billiger verkaufen lassen, während dem hauseigenen Agent das Annehmen des Kunden/Projekts wegen zu hohem Risiko verboten wurde?
Diese Frage beantworten wir im nächsten IVVA Newsletter.
beste Grüße von Mag. Novotny und dem IVVA Team
Für weitere Rückfragen und Abklärungen steht Mag. Novotny IVVA Mitgliedern gerne zum IVVA-Sonderpreis zur Verfügung:
RA Mag. Stephan Novotny
1010 Wien, Landesgerichtsstraße 16/12