Ein Rückblick auf die soeben erfolgte Änderung im Handelsvertretergesetz.
Im gesetzlich verpflichtenden Kammersystem Österreichs gibt es auch von uns Agenten gewählte politische Organisationen, die unsere Anliegen auf parlamentarischer Ebene vertreten sollen. Das sind z.B. der Wirtschaftsbund (WB, ÖVP), der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband (SWV, SPÖ), der Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender (FPÖ), um einige zu nennen.
Ein jüngster Fall im Parlament hat bei uns große Verwunderung, sogar Bestürzung hervorgerufen. Und man fragt sich, wozu man Kammerbeiträge bezahlt, wozu man diese Vertretung eigentlich braucht, wenn sie eine ganze Branche gröblich benachteiligt…
Kurz zur Vorgeschichte: Seit Jahren bemüht sich die Interessenvertretung der Versicherungsagenten in der Wirtschaftskammer eine faire gesetzliche Regelung im HVertrG zu schaffen. Dazu ist aber in der WKO ein Interessensausgleich zwischen den betroffenen Parteien (Versicherungsverband VVO + Bundesgremium der VA) erforderlich. Dieser Interessensausgleich wurde über viele Jahre vom VVO verhindert. Das bedeutete, dass seitens der Kammervertretung keine gesetzliche Regelung eingeleitet werden durfte. Und Politik und Ministerien lehnten sich zurück und schauten teilnahmslos zu, trotzdem wir auch versuchten auch über diese Wege zu einer gesetzlichen Lösung zu kommen. Doch leider: Ohne Interessensausgleich könne man nichts tun….
Also mussten wir uns selbst helfen. Und durch Unterstützung eines wagemutigen Agenten im Jahr 2014 durch alle Instanzen ein OGH Urteil erkämpfen. Dieses bestätigt, dass Provisionsverzichtsklauseln in Agenturverträgen sittenwidrig sind. Somit stehen auch nach Beendigung des Agenturvertrages dem Agenten Folgeprovisionen zu, solange die von ihm vermittelten Verträge aufrecht sind.
Das OGH Urteil hat leider nicht über die Höhe der Folgeprovision entschieden. Jedoch steht in den Erklärungen zum Urteil, dass es sich immer um den größten Teil bzw. den weitaus überwiegenden Anteil handle.
Die konkrete Provisionshöhe ist nun ein Punkt der unterschiedlich interpretiert werden kann, wenn man es darauf anlegt. Wäre hier von allen Versicherungen partnerschaftliches und faires Verhalten gegeben, so hätte sich diese Frage auch ohne gesetzliche Regelung oder – wie es sich nun abzeichnet – weiteren Musterprozessen klären lassen. Übrigens: Dieses Streitthema gibt es weder bei Angestellten noch Versicherungsmaklern.
Aber zurück zu „unseren“ Unternehmensvertretern.
Verwundert hat uns, dass WB, SWV und GRÜNE einen Antrag eingebracht hatten, der als Umsetzung des OGH-Urteils nur mehr 50% als Folgeprovision im HVertrG vorsieht. Begründet wurde diese Entscheidung u.a. damit, es hätte eine Einigung zu dieser Frage mit den betroffenen Parteien gegeben. Wir konnten aber (auch im Vorfeld der Abstimmung im Justizausschuss bzw. dann im Nationalrat) klarstellen, dass es eine solche Einigung nicht gegeben hat. Ist dieser Beschluss also auf einer Unwahrheit aufgebaut? War es WB und SWV nur wichtig die Wünsche einiger namhafter Versicherer zu erfüllen? Welcher Denkprozess liegt dieser Fehlhandlung zu Grunde, einer Berufsgruppe mit ca. 9000 Mitgliedern – durch eine falsche gesetzliche Regelung – massive Nachteile zu bescheren? Aus unserer Sicht absolut verantwortungslos!
Unsere Verwunderung und Bestürzung wurden durch die Debatte im Nationalrat noch verstärkt. Hatte man doch den Eindruck das die Abgeordneten von ÖVP, SPÖ, GRÜNE und Stronach viel erzählt, aber am Kern der Problematik schön vorbeigeredet haben. Hätte man sich nur annähernd mit der Materie befasst, so hätte ein solcher Gesetzesantrag bzw. Beschluss nicht stattfinden dürfen. Oder hat es sich hier um einen Gefälligkeitsbeschluss gehandelt?
Worauf sollten Sie künftig aufpassen?
Wir befürchten, dass still und leise die bestehenden Agenturverträge angepasst werden. Oft wird die Begründung, dies zu tun, ein anderes Thema (möglicherweise sogar ein nachvollziehbares) sein. Sollte dies eintreffen, dann sind davon der IVVA, aber auch Ihre Vertretung auf Kammerebene umgehend zu informieren. Ein Mail an verband@ivva.at bzw. redaktion@ivva.at genügt.
Denn nur so werden wir in die Lage versetzt, kurz- und mittelfristige Gegenmaßnahmen auszuarbeiten. Selbstverständlich werden diese Infos von Ihnen vertraulich behandelt. Hat doch der IVVA keine geschäftlichen zwingenden Verbindungen mit dem einen oder anderen Versicherer. Vielleicht sollten Sie auch ihre politischen Vertreter zu dieser Regelung befragen.
Das IVVA Team steht Ihnen für Nachfragen jederzeit gerne zur Verfügung.
Das IVVA Team