Unterschiedliche Angebote/Preise für das gleiche Produkt.
Sind rund 40 % Unterschied erlaubt?
Auf unsere Aufforderung, uns über Probleme im Markt zu berichten, kam folgende Anfrage:
Wertes IVVA Team, ich habe folgende Frage:
Ein Kunde von mir hat mir ein Angebot von einem Makler für die Konvertierung einer Hausversicherung vorgelegt. Ich habe daraufhin ein Offert von der gleichen Versicherung eingeholt. Mein erhaltenes Angebot ist um fast 40% teurer als jenes des Maklers. Bei 99% gleicher Leistung. Gibt es eine Handhabe gegen diese gröbliche Benachteiligung seitens des Versicherers vorzugehen?
Über die Frage, ob es unterschiedliche Konditionen bei gleichem Risiko geben darf oder nicht, haben wir schon ein paar Mal informiert, u.a. hier:
https://ivva.at/unterschiedliche-konditionen-bei-gleichem-risiko-darf-es-nicht-geben-nl-2215/
https://ivva.at/fehlentwicklung-gleiches-risiko-unterschiedliche-konditionen-fuer-kunden-nl-717/
In den letzten Monaten haben wir zu dieser problemgeladenen Situation – und unserer Ansicht nach Fehlentwicklung am Markt – schon länger keine Rückmeldung mehr erhalten.
Daher die Frage an unsere Leser: Kommt dies wieder öfters vor? Haben Sie ähnliches erleben müssen? Schreiben Sie uns Ihre Wahrnehmung vom Markt. Ein E-Mail an redaktion@ivva.at genügt.
Bevor wir zur aktuellen Frage die Antwort von RA Mag. Stephan Novotny kommen, hier ein Rückblick:
In der Vergangenheit passierte es immer wieder, dass Makler-Verantwortliche oder Landesdirektoren bei Versicherern offensichtlich ihre Verkaufszahlen durch bessere Konditionen für die von ihnen geführten Makler zu erreichen versuchten. Mitunter benachteiligte man sogar die Agenten des eigenen Hauses damit erheblich. Was damals z. B. zum Beitrag „Rufschädigung durch das eigene Haus“ führte: Hier zum Nachlesen…
https://ivva.at/rufschaedigung-durch-das-eigene-haus-ein-erlebnis-der-besonderen-art/
Warum schrieben wir von Rufschädigung? Weil der betroffene Agent von seinem Kunden darauf hingewiesen wurde, dass das günstige Vergleichsanbot des Maklers nicht von einem anderen Versicherer, sondern dem eigenen Haus des Agenten stammte.
Eigentlich ein Super-Gau für Agent und Versicherung. Denn der Kunde hat den Agenten verärgert verlassen (weil er nicht zu Unrecht glauben musste, dass der Agent und seine Versicherung von ihm jahrelang zu viel Prämie verlangt hatten). Aber auch die Versicherung hat dadurch Nachteile: Hat sie doch zugestimmt, dass das gleiche Produkt zu viel schlechteren Konditionen an den Kunden via Makler vermittelt werden durfte.
Eigentlich „verblüffend“, dass eine Versicherung, von der wir dachten, dass sie das Risiko pingelig genau kalkuliert, akzeptiert, dass das gleiche Risko des Kunden bei einem Makler zu einer wesentlich niedrigeren Prämie führt, als wenn die Versicherung vom Agenten angeboten wird. Und man dadurch auf Prämie, Umsatz und Gewinn verzichtet.
Doch wie sieht es rechtlich aus? Das haben wir den auf Versicherungsrecht spezialisierten Anwalt Mag. Novotny gefragt. Ist das Vorgehen vielleicht gleichheitswidrig oder kann man sonst wie juristisch dagegen vorgehen?
Dazu RA Mag. Stephan Novotny:
Ich habe dazu bezüglich Gleichheitswidrigkeit nichts gefunden. Es ist grundsätzlich üblich, dass Maklern und Agenten unterschiedliche Konditionen von Versicherern angeboten werden, obwohl 40% hier natürlich schon sehr viel sind. Aber ich wüsste nicht, auf welche Rechtsgrundlage man das stützen sollte, da es aus meiner Sicht zwischen Maklern und Agenten kein Gleichbehandlungsgebot gibt.
Ansonsten wären die Schranken wohl das allgemeine Zivilrecht, also laesio enormis (sog. Verkürzung über die Hälfte) oder Wucher, aber dazu müsste der Vertrag bereits abgeschlossen sein, wohingegen es sich beim Fragesteller um ein bloßes Angebot handelt, gegen das man wohl schwer vorgehen kann.
Wenn man also im Vorfeld (wenn nur Angebote vorliegen) kaum juristisch dagegen vorgehen kann, dann verbleibt wohl nur, diese Fehlentwicklungen dem entsprechenden Versicherer aufzuzeigen. Vielleicht ist das den Zentralen in Wien nicht einmal bewusst, was in manchen Niederlassungen so passiert?
Also dokumentieren Sie solche Fehlentwicklungen und bringen Sie dies den verantwortlichen Stellen – möglichst weit oben – zur Kenntnis. Aber gerne können Sie solche Fälle auch an den IVVA senden. Ein E-Mail an redaktion@ivva.at genügt.
Wir weisen gerne auf Fehlentwicklungen hin und hinterfragen, ob solche Situationen gewünscht sind oder nur passiert sind (also nach Kenntnis auch wieder abgestellt werden).
Sollte so eine grobe Ungleichbehandlung bei diesem Versicherer aufrechterhalten werden, muss man als Agent zur Kenntnis nehmen, dass man bei diesem Versicherer nur „Vermittler 2. Wahl“ ist und sich Alternativen suchen.
Haben Sie ähnliches erleben müssen? Schreiben Sie uns Ihre Wahrnehmung. Ein E-Mail an redaktion@ivva.at genügt.
beste Grüße von Mag. Novotny und dem IVVA Team.
Für weitere Rückfragen steht Mag. Novotny – IVVA Mitgliedern gerne zum IVVA-Sonderpreis – zur Verfügung:
RA Mag. Stephan Novotny
1010 Wien, Landesgerichtsstraße 16/12 (neu)