Unser langer Kampf ums HVertrG (NL 3/17)

Im Vorjahr wurde das von uns hart erkämpfte OGH-Urteil gegen die sittenwidrigen Provisionsverzichtsklauseln umgesetzt. Konkret im Handelsvertretergesetz (HVertrG). Zum Erinnern:
> Sittenwidrigkeit vom OGH bestätigt! (NL 32/14)
> Auswirkungen des OGH-Urteils auf Agenturverträge (NL 2/15)
> Aus dem OGH-Urteil nichts gelernt? (NL 12/15)

Zwar sind wir mit dem politischen Kompromiss den man bei der Umsetzung gefunden hatte, nicht zufrieden. Und haben bis zum Schluss alle politischen Parteien auf diese – unserer Ansicht nach – falsche Interpretation des OGH-Urteils hingewiesen: OGH-Urteil: Fehlentwicklung bei Umsetzung im Justizausschuss? (NL 4/16)

Denn nun steht im HVertrG, dass den Agenten im Kündigungsfall mindestens 50 % gebührt. Die OGH-Richter führten jedoch aus, dass die Folgeprovision zum „weitaus überwiegenden Teil“, für den Abschluss des Vertrages (und nicht die künftige Betreuung des Kunden) bezahlt werde. Was unserer Ansicht nach 75% oder mehr Prozent verlangen würde.

Aus unserer Sicht und auch der von Bundesobmann Grandits (hier können Sie sein Interview nachlesen…)können wir uns mit der aktuellen Regelung nicht zufrieden sein und sehen die getroffene Regelung nur als ersten Schritt an.

Doch wissen Sie, wie lange unsere Berufsvertretung gekämpft hat, um überhaupt in das HVertG eingebunden zu werden (und damit unsere Rechte fixiert wurden)? Lesen Sie dazu einen Rückblick von Obmann Salek!

Einbindung ins Handelsvertretergesetz (HVertrG)

85 Jahre musste der selbständige Versicherungsagent auf gesetzliche Rahmenbedingungen warten, die ihm Rechtssicherheit in der Zusammenarbeit mit den Versicherungsunternehmen bietet. Das Handelsvertretergesetz (HVertrG), wo der Agent mit 1. Juli 2006 eingebunden worden ist, gibt es bereits seit dem Jahre 1921. Es soll hier gleich festgehalten werden, dass die derzeitige Gesetzeslage ein wichtiger, aber nur ein erster Schritt sein kann. Denn zeitgemäß ist diese Regelung für den Agenten bei weitem noch nicht. Jeder Unselbständige hat in Österreich eine bessere soziale Absicherung als der selbstständige Agent als Unternehmer.

Nach dem Entstehen einer eigenen Standesvertretung in der Wirtschaftkammer wurden vom Bundesgremium bereits im Jahre 2001 die ersten Gespräche mit dem Versicherungsverband geführt. Als Anfänger im Kammersystem wurde den neu gewählten Interessenvertretern der Interessensausgleich als eines der wichtigsten „Gebote“ ins Bewusstsein gesetzt. Man führte auch zweimal im Jahr Gespräche mit der Versicherungswirtschaft zum Thema Agentengesetz unter der Leitung der rechtspolitischen Abteilung der WKO. Das Prozedere war immer gleich, wenn sich für die Agentenvertreter ein akzeptables Resultat abzeichnete, wurde die Verhandlung beendet und ein weiterer Termin festgelegt. Denn die Verhandler des VVO konnten ohne Rückfragen keine Zusagen machen. Es wurden aber durchaus nette Gespräche geführt!

Innerhalb der WKO konnten wir zwar Verhandlungen führen, aber wie uns die Erfahrung lehrte, keine Resultate erzielen. Wir mussten einfach eine andere Vorgangsweise in Betracht ziehen. Nach langen Bemühungen konnten wir BM Dr. Dieter Böhmdorfer von der Notwendigkeit überzeugen, den Agenten gesetzliche Rahmenbedingungen zu geben und damit eine seit Jahren bestehende Gesetzeslücke zu schließen. Eingeladen vom Justizministerium wurde dieses Thema mit dem Versicherungsverband der rechtspolitischen Abteilung der WKO und den Vertretern unseres Berufstandes geführt. Das Resultat der Verhandlungen war, dass wir nach Ansicht der zuständigen Verhandlungsleitung des Justizministeriums keine Einigung erzielen konnten und wir in Folge dessen wieder zurück in die Wirtschaftskammer mussten. Die zuständige Beamtin, wollte eine Gesetzesänderung nur mit einem koordinierten Resultat aus der Wirtschaftskammer durchführen. Wie weit das Ausscheiden von Minister Böhmdorfer dazu beigetragen hat, konnte nie wirklich analysiert werden.

Diverse Vorschläge von Professoren und Anwälten die immer wieder, natürlich ohne Resultat, verhandelt wurden füllten die Zeit bis zu unserem zweiten Versuch das Justizministerium mit der noch bestehenden Gesetzeslücke zu befassen. Fr. BM Mag. Karin Gastinger hat nach ausführlichen Informationen die Entscheidung getroffen, ihre Beamten ein weiteres Mal mit diesem Thema zu beschäftigen. Der von Prof. Dr. Peter Jabornegg ausgearbeitete Entwurf ist in adaptierter Form als Grundlage zur Verhandlungen angenommen worden. Grundsätzlich wurde von der Streichung der Ausnahmebestimmung im HVertrG ausgegangen. Die daraus resultierenden Probleme der Berechnung des Ausgleichsanspruches, sollte dahin gehend abgefedert werden, eine sinngemäße Anwendung von § 6 Kollektivvertrag des Außendienstes in das Gesetz einzubeziehen. Damit sollte eine zeitgemäße Regelung, nach dem Muster der Abfertigung-neu, als Unternehmer-Grundlage für den Agenten geschaffen werden. Selbst ein Abschlag mit der Bezeichnung Betreuungsprovision, mit der die Folgeprovision nach Beendigung des Agenturvertrages gekürzt werden konnte, wurde in den Verhandlungen diskutiert. Es entstand der Eindruck, eine gemeinsame Lösung ist diesmal zu schaffen. Offen war nur mehr der Prozentsatz für den Abschlag bzgl. Betreuungsprovision. Das Angebot des Verbandes orientierte sich am Prozentsatz im KV (50%) und das Angebot der Agentenvertreter (15%) resultierte aus der Praxis. Eine gute Gelegenheit die Verhandlungen wieder scheitern zu lassen, auch ein weiterer Vorschlag den Prozentsatz überhaupt nicht festzuschreiben sondern den Vertragspartnern zu überlassen hat die Haltung des Verbandes nicht mehr geändert. An dieser Stelle unseren aufrichtiger Dank an SC Dr. Gerald Hopf der die Entscheidung getroffen hat, wenn es schon keine umfassende Lösung gibt, dann wird von Amtswegen die Streichung der Ausnahmeregelung als kleinster Schritt umgesetzt. Zum Glück für die Agenten ist die bereits jahrelang erfolgreich angewandte Verschleppungstaktik dieses Mal nicht aufgegangen.

Auch wenn keine umfassende Lösung mit Zukunftsperspektive im Ministerium verwirklicht werden konnte, bot sich doch noch eine Möglichkeit an: Die politische Ebene über Parlament und Justizausschuss. Für Ungeübte ein sehr steiniger Weg, denn ohne Ausdauer und Hartnäckigkeit ist bei Abgeordneten zum Nationalrat kaum eine Tür zu öffnen, geschweige denn ein persönliches Gespräch zu bekommen. Zähigkeit und ehrliche Information sowie die Darstellung der Rechtslage haben letztlich zu einem kleinen Erfolg geführt. Auch an den Justizausschuss und seiner Vorsitzenden Fr. Dr. Maria Fekter aufrichtigen Dank, dass sie sich dieser Sache angenommen haben.

Schade ist nur, dass durch die Intervention der Versicherungswirtschaft eine endgültige Lösung verhindert worden ist. Ein Zeichen der Macht musste gesetzt werden, man konnte nicht zulassen, dass eine vernünftige Lösung ohne Segen des Verbandes umgesetzt werden kann. Der ursprüngliche Entwurf wäre für alle Beteiligten von Vorteil gewesen. Der Berufsstand des selbständigen Agenten hätte endlich eine Rechtsgrundlage und damit die Sicherheit, die ein Unternehmer zur Expansion und zur Schaffung von Arbeitsplätzen benötigt.

Muster:

Folge- und Betreuungsprovision

  • 26c. (1) Auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses mit dem Unternehmer gebühren dem Versicherungsagenten die vereinbarten Provisionen aus den von ihm vermittelten oder wesentlich erweiterten Versicherungsverträgen (Folgeprovisionen), wenn und soweit der Versicherungsnehmer die geschuldete Prämie weiter zahlt oder weiter hätte zahlen müssen, hätte der Versicherer seine Verpflichtung erfüllt. Wenn der Versicherer aus gerechtfertigten Gründen den Versicherungsvertrag beendet oder die Versicherungsprämie betragsmäßig herabsetzt, entfällt beziehungsweise vermindert sich der Anspruch auf Folgeprovision entsprechend

 (2) Ist der Versicherungsvertreter nach einer mit dem Unternehmer getroffenen schriftlichen Vereinbarung zur Betreuung von Versicherungsnehmern verpflichtet und erhält er dafür eine Provision (Betreuungsprovision) oder ein entsprechendes sonstiges Entgelt, besteht kein Anspruch auf Fortzahlung dieser Provision oder dieses Entgelts nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zwischen Versicherungsvertreter und Unternehmer. Die Höhe der Betreuungsprovision oder des sonstigen Entgelts ist schriftlich zu vereinbaren.

 (3) Der Unternehmer ist berechtigt, den Anspruch auf Folgeprovision durch eine Abschlagszahlung abzugelten. Bei der Berechnung dieser Abschlagszahlung ist von der durchschnittlichen Restlaufzeit der vermittelten Verträge des Vermittlers auszugehen

Schließlich bringt diese Lösung aus unserer Sicht auch der Versicherungswirtschaft Vorteile: Der Ausgleichsanspruch ist nun festgeschrieben, was die Rechtsprechung immer schon vertrat. Mit dem §26c HVertrG zur Folge- und Betreuungsprovision wäre eine wichtige Klarstellung und gleichzeitig eine pragmatische Alternative zur problematischen Bemessungsgrundlage für den Ausgleichsanspruch geschaffen worden. Da es nach § 24 Abs 1 Z 3 HVertrG nicht zu einer Kumulierung von Ausgleichsanspruch und Provisionsfortzahlung kommen kann, ist die Weiterzahlung der Folgeprovision um den vertraglich festgelegten Betreuungsanteil reduziert, eine sinnvolle und gerechte Lösung.

Daher ist ein zweiter Schritt von Gesetzgeber dahingehend zu vollziehen, dass §26c HVertrG bei Beendigung von Agenturverträgen zwingend und rückwirkend anzuwenden sein muss. Die sinngemäße Anwendung von § 24 ist zu streichen.

Die Serie wird bei Gelegenheit fortgesetzt!

Ich möchte künftig topaktuell informiert werden. Senden Sie mir Ihre kostenlosen IVVA-News zu.

MITGLIEDER LOGIN