
Negative Oster–Überraschung durch Garanta
Am Gründonnerstag informierte RisControl mit dem Titel „Oster – Überraschung Garanta“ darüber, dass Garanta den Agenten- und Maklervertrieb einstellt und viele Versicherungsnehmer im Osterkörbchen ein Kündigungsschreiben der GARANTA Versicherung vorfinden würden – „ohne große Erklärung, knapp und formal“. Und dass KFZ-Versicherungsverträge gekündigt werden, sei überraschend gekommen, so RisControl.
Im Artikel wurde Makler-Obmann KR Christoph Berghammer um eine Einschätzung gebeten. „Ich habe eine derartige Form der Kündigung bislang noch nicht erlebt und bin überzeugt, dass viele Versicherungsnehmer die Tragweite nicht auf Anhieb erkennen werden. Besonders irritiert mich jedoch die Art der Kommunikation seitens der GARANTA. Von einer Rechtsabteilung eines Versicherungsunternehmens erwarte ich mehr Sorgfalt – man hätte jedenfalls eine kundenfreundlichere und klarere Formulierung wählen können.“
Dem ist natürlich aus Kunden- und Vermittlersicht nichts weiter hinzuzufügen. Wir baten aber den auf Versicherungsrecht spezialisierten Anwalt Mag. Stephan Novotny sich die Situation aus rechtlicher Sicht anzusehen. Unten anbei seine Einschätzungen.
Die Garanta hat alle Makler- und Agenten-Vereinbarungen gekündigt und konzentriert sich offensichtlich auf die Vertriebsschiene Autohaus. Damit soll es über 1.000 Vertriebspartner in den Autohäusern als Tippgeber geben, die die Kunden an das Garanta-Sales Team weiterleiten, das für die Autohäuser den kompletten Verkauf der KFZ-Versicherung übernimmt. Der Kunde kann sich ein Angebot berechnen lassen oder einen Termin für einen Rückruf vereinbaren. Details unter https://www.garanta.at/vertriebspartner/garanta-sales-team/
Die Kündigungen der KFZ-Versicherungen selbst sind rechtlich zulässig, sofern sie im Einklang mit den vertraglichen und gesetzlichen Kündigungsfristen stehen. Versicherungsverträge – insbesondere in der KFZ-Versicherung – enthalten in der Regel ordentliche Kündigungsmöglichkeiten zum Ablauf des Versicherungsjahres.
Die Tatsache, dass Verträge „überraschend“ gekündigt wurden, ist zwar irritierend, aber leider nicht grundsätzlich rechtswidrig. Auch Begründungspflicht besteht bei einer ordentlichen Kündigung grundsätzlich keine. Dies betrifft sowohl die Courtage-Verträge mit den Vermittlern als auch die KFZ-Verträge mit den Kunden.
Aus Sicht der Vermittler müsste man sich deren Courtage-Verträge näher ansehen. Also wurden etwa die gesetzlichen Kündigungsfristen eingehalten? Welche Ansprüche stehen ihnen für den Kundenaufbau zu? Gibt es also etwa einen Ausgleichsanspruch, etc.
Fakt ist, dass das österreichische Handelsvertretergesetz (HVertrG) klar regelt, wann und wie Verträge mit Handelsvertretern – also Versicherungsagenten – gekündigt werden können. § 21 HVertrG besagt, dass auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Verträge von beiden Seiten ordentlich gekündigt werden können. Die Kündigungsfrist beträgt im 1. Jahr 1 Monat, ab dem 2. Jahr 2 Monate, ab dem 3. Jahr 3 Monate, ab dem 4. Jahr 4 Monate, ab dem 5. Jahr 5 Monate und ab dem 6. Jahr 6 Monate. Und: Diese Fristen gelten zwingend – kürzere vereinbarte Fristen sind unwirksam (§ 21 Abs. 2 HVertrG). Und sofern nichts anderes vereinbart wurde, ist die Kündigung nur zum Monatsende zulässig (§ 21 Abs. 4 HVertrG).
Hier zum Nachlesen der Link zum § 21 HVertrG: https://www.ris.bka.gv.at/eli/bgbl/1993/88/P21/NOR12036558
Hinsichtlich der Ansprüche des Versicherungsagenten haben wir erst kürzlich mehrere Beiträge („Folgeprovision, Abschlagszahlung, Ausgleichsanspruch: Was ist günstig für Agenten“) veröffentlicht. Hier zum Nachlesen…
Um die vorgeschlagenen Angebote auf Korrektheit zu überprüfen, kann ich nur empfehlen, unbedingt den Rat eines auf „Versicherungsrecht“ spezialisierten Anwalts einzuholen.
Bei den Maklern ergeben sich Kündigungsfrist und Beendigungsansprüche aus den Vereinbarungen mit Garanta.
Und klarerweise muss sich der Vermittler (besonders wenn er als Makler oder Mehrfachagent tätig ist) nun auch um die gekündigten Kunden der Garanta kümmern, um ihnen weiterhin eine gute Absicherung empfehlen und ungedeckte Schäden vermeiden helfen zu können.
Über den Hintergrund der Garanta-Aktion können wir nur spekulieren. Wir nehmen aber an, dass man sich die Vorgehensweise gut überlegt und das Recht auf Kündigung gut geprüft hat.
Ob diese Aktion eine gute Außenwirkung hatte, bezweifeln wir. Aber wahrscheinlich geht man davon aus, dass die Tippgeber-Provision für Autohaus-Mitarbeiter niedriger ausfallen wird, sich also der Umstieg für die Garanta – zumindest theoretisch am Papier – rechnen wird.
Abschließend noch Gedanken zum Datenschutz:
Eine wichtige Frage, die ich mir zum Schluss noch stelle, ist, wie die Garanta im Telefongespräch so schnell zu den Auto- und Kundendaten gelangt. Wird im Autohaus eine mündliche oder schriftliche Einwilligung zur Übermittlung der Daten vom Kunden erteilt, aufgenommen und der Autohauspartner schaltet dem Garanta Mitarbeiter dann alles zur Einsicht und Weiterbearbeitung frei? Das sind ja zwei unterschiedliche Firmen, die nun die Daten teilen, bearbeiten, etc. Hier sind die Vorgaben der DSGVO genau zu beachten (Datenschutzerklärungen, Auftragsverarbeitervertrag oder gemeinsame Datenverantwortliche? TOMs, usw. usf.)
Und schließlich muss es auch eine Schnittstelle geben, damit die Prämie aufgrund der Fahrzeugdaten und die Tippgeber-Provision berechnet werden kann.
Beste Grüße von Mag. Stephan Novotny und dem IVVA Team

RA Mag. Stephan Novotny, Foto: Stephan Huger
RA Mag. Stephan Novotny
1010 Wien, Landesgerichtsstraße 16/12