Kunden geholfen, Courtage verloren (NL 28/24)

RA Mag. Stephan Novotny, Foto: Stephan Huger
RA Mag. Stephan Novotny, Foto: Stephan Huger

Dem Kunden zu seinem Recht verholfen, dafür die eigene Courtage verloren.

Ein IVVA-Mitglied (konkret ein Versicherungsmakler) wandte sich vor ein paar Wochen mit einem Fall an uns. Kürzlich haben wir dann das Ergebnis erfahren. Der Kunde des Maklers bekommt sein Recht, der Vermittler verliert seine Courtage, weil der Versicherer nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten möchte.

Worum ging es im konkreten Fall?

Der Kunde hatte seit Jahrzehnten eine Ehepartnerunfallversicherung, leider verstarb kürzlich die Gattin. Wie oft davor, sandte der Vermittler dem Versicherer die Todesanzeige bzw. Sterbeurkunde und ersuchte um Ausschluss der verstorbenen Person aus dem Vertrag und Reduktion der Prämie um diesen Betrag, ohne große, unnütze Vertragsänderungen mit damit einhergehenden Laufzeitverlängerungen und diversen Tarifumstellungen aufgrund des Alters etc.

Darauf antwortete der Versicherer wörtlich:
„…ein Ausschluss der versicherten Person – in diesem Fall der verstorbenen Gattin Ihres Kunden – ist nicht möglich, ohne dass der gegenständliche Vertrag konvertiert wird auf das neue Produkt. Des Weiteren müsse der Kunde aufgrund seines fortgeschrittenen Alters auf den Pensionistentarif umsteigen, ansonsten muss der Vertrag samt Prämie so belassen werden wie er ist.“ Zitat Ende.

Der Vermittler und sein Kunde verstanden die Welt nicht mehr. Tenor: Es kann doch nicht rechtens sein, dass Kunden die Prämie für eine versicherte Person weiterzahlen müssen, obwohl selbige verstorben ist? Nur um zu vermeiden, dass er auf ein neues Produkt, noch dazu mit – dem wohl teureren – Pensionistentarif – umkonvertiert wird. Der Kunde wünschte definitiv keine Konvertierung des Vertrags inkl. Laufzeitverlängerung.

Der Vermittler gab aber nicht auf und erinnerte den Versicherer daran, dass laut §68 VersVG, der Ausschluss möglich sein müsse und drohte mit der Rechtschutzversicherung des Kunden.

Und siehe da, der Versicherer lenkte ein. Nicht etwa aus Kulanz, sondern weil ihn offensichtlich die Argumentation mit § 68 VersVG überzeugte. Lautet doch Absatz 2 dieses Paragraphen wie folgt:

„(2) Fällt das versicherte Interesse nach dem Beginn der Versicherung weg, so gebührt dem Versicherer die Prämie, die er hätte erheben können, wenn die Versicherung nur bis zu dem Zeitpunkt beantragt worden wäre, in welchem der Versicherer vom Wegfall des Interesses Kenntnis erlangt.“

Das bedeutet vereinfacht gesagt: Nachdem mit dem Tod der Gattin deren „Interesse“ an der Versicherung weggefallen ist, steht dem Versicherer auch nur bis zu ihrem Tode die Prämie zu. Den ganzen Paragraph 68 VersVG können Sie hier nachlesen…

Ende gut, alles gut? Leider nein.

Zwar führte der Versicherungskonzern nach neuerlicher Urgenz, unter Angabe des gesetzlich vorgeschriebenen Paragraphen, den Ausschluss der Gattin, samt Prämienreduktion & Beibehaltung der vertraglich vereinbarten Bedingungen für den Kunden durch. Aber diese positive Nachricht enthielt auch den folgenden Satz:

„Gleichzeitig informiere ich Dich, dass wir die Geschäftsbeziehung mit Dir/Deinem Büro zukünftig nicht mehr fortführen werden. Ein entsprechendes offizielles Schreiben erhältst Du in den nächsten Tagen!“ Zitat Ende.

Wie ist dieses Vorgehen juristisch zu bewerten? Fragten wir bei Mag. Novotny nach:

Gesetzlich gesehen kann ein Maklervertrag von jedem Vertragspartner jederzeit ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden (§ 13 MaklerG). Zu klären wäre also, ob im konkreten Vertrag des Vermittlers etwas anderes geregelt ist, ansonsten ist die Kündigung wohl zulässig.

Leider (aus Sicht des Vermittlers) kann sich jeder Unternehmer aussuchen, mit wem er Geschäfte machen möchte.
Es herrscht Vertragsfreiheit und kein Kontrahierungszwang, daher hat der Vermittler im konkreten Fall schlechte Karten.
Besser macht diese juristische Einschätzung den Sachverhalt aber nicht wirklich.

 

Aber was ist das „Vergehen“? Der Vermittler hat sich für seinen Kunden eingesetzt und Hinweise gegeben, welche Rechtsmöglichkeiten er hat, um zu seinem Recht zu kommen.

Warum hat der Versicherer dem langjährigen Kunden nach diesem Schicksalsschlag nicht von sich aus diese Lösung angeboten?
Warum hat der Versicherer dem langjährigen Kunden diese Lösung nicht spätestens nach Aufforderung durch den Vermittler angeboten?

Versteht man dieses Vorgehen als Kundenfreundlichkeit?

Warum will man mit dem Vermittler nicht mehr zusammenarbeiten? Wollte man einfach auf Kosten einer Verstorbenen mehr Gewinn machen ohne eine Leistung erbringen zu können (da tot) und das hat der Vermittler vereitelt?

 

Schon erschreckend, welche Zustände in manchen Häusern zu Tage treten.

Wir hoffen dennoch, dass der Versicherer auch dem Vermittler gegenüber einsieht, dass dieser einen hochprofessionellen Job gegenüber dem Kunden erledigt hat. Und die Kündigung der Courtage gegenüber diesem „aufmüpfigen“ Vermittler doch noch überdenkt.

Um nicht noch mehr „Porzellan zu zerschlagen“ nennen wir bewusst nicht den Namen des Versicherers, vielleicht finden die handelnden Parteien doch noch zusammen.

Meinen der IVVA und RA Mag. Novotny.

 

 

Sollten Sie noch keinen Anwalt haben: Mag. Stephan Novotny, ein auf Versicherungs- und Datenschutzrecht spezialisierter Fachanwalt steht gerne zur Verfügung, für IVVA Mitglieder sogar zum Spezialpreis.

 

RA Mag. Stephan Novotny, Foto: Stephan Huger
RA Mag. Stephan Novotny, Foto: Stephan Huger

 

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RA Mag. Stephan Novotny

1010 Wien, Landesgerichtsstraße 16/12

kanzlei@ra-novotny.at

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