Im heutigen Interview mit Vorstand Günther Weiß, erfahren wir, wie die HDI durch die Corona-Krise gekommen ist und wie sich die Digitalisierung und hybrides Arbeiten sukzessive durchsetzen (und wo dabei die Vorteile im Beratungsprozess auch für Vermittler liegen). Ist das Arbeiten im Home-Office gekommen, um zu bleiben? Wie reagierten die Kunden auf die veränderte Situation? Mit welchen neuen Produkten ist heuer zu rechnen? Wie geht es der HDI mit der täglichen Umsetzung von IDD und DSGVO? Gibt es Nachwuchs-, Nachfolgeprobleme?
IVVA: Ich möchte zum Einstieg fragen, was sich bei der HDI in den letzten Monaten geändert hat? Wie schaut die Vertriebs-Situation aus? War das (Vor-)jahr ein gutes Jahr für Sie?
Vorstand Weiss: Das Jahr 2021 war ein sehr gutes Jahr für HDI. Trotz allgemein schlechter Kfz-Zulassungen konnten wir selbst im Privatbereich ein leichtes Plus verzeichnen. Im Industriegeschäft hingegen haben wir uns über einen hohen Zuwachs gefreut, der in Summe über dem Marktdurchschnitt liegt.
IVVA: Wie schlagen sich Corona-bedingte Lock-down bei Ihnen im Unternehmen nieder? Sind Mitarbeiter noch im Home-Office oder kehrte bereits wieder Normalität ein?
Vorstand Weiss: Nach längeren Home-Office-Phasen, die uns 2020 und auch 2021 begleitet haben, war es uns ein Anliegen, unsere Teams auch wieder an den HDI Standorten zusammenzuführen. Deshalb sind wir mit 1.9.2021 ins „New Normal“ gestartet. Dabei war eine hybride Arbeitsweise vorgesehen, bei der einzelne Home-Office Tage möglich waren. Seit November bis Ende März 2022 sind die Mitarbeiter:innen wieder größtenteils im Home-Office tätig.
IVVA: Konnten Sie während der letzten Monate den Kontakt zu den Kunden aufrecht erhalten? Gab es Probleme? Wie reagierten die Kunden auf Corona? Gab es etwa Stornos, Stilllegungen, Zahlungsschwierigkeiten, etc.? Wie gehen Sie damit um?
Vorstand Weiss: Aufgrund digitaler Kommunikationswege wie z.B. MS Teams hatten wir keinerlei Probleme mit Kund:innen und Vertriebspartner:innen in Kontakt zu bleiben. Wir haben trotz der herausfordernden Situation keine vermehrten Zahlungsschwierigkeiten der Kund:innen oder sonstige Besonderheiten bei Stilllegungen feststellen können.
IVVA: Akzeptierten Kunden eine möglicherweise „schlechtere Erreichbarkeit“ durch den Lockdown? Konnten Sie Ihre Beratungen komplett online abwickeln? Es wird wohl auch Kunden geben, die noch nicht mit Teams, GoToMeeting oder anderen Web-Konferenz-Tools umzugehen gewöhnt sind… Hatten Sie hier Probleme zu lösen?
Vorstand Weiss: Wir bieten unseren Kund:innen unterschiedliche Wege an, um mit uns in Kontakt zu treten. 95% aller Anfragen konnten durch sehr gute telefonische Erreichbarkeit und Kontaktmöglichkeiten über unser Website oder per E-Mail abgedeckt werden. Das spricht für ein ausgezeichnetes Service der HDI und unseres Teams. Somit hatten wir keine Probleme unsere Kund:innen trotz Lock-Downs bestmöglich zu beraten.
IVVA: Kann es sein, dass wir alle, d.h. Anbieter, Vermittler und Kunden uns an die neue Form der Online-Kommunikation gewöhnt haben? Eine neue Normalität sozusagen?
Vorstand Weiss: Gerade durch vielerlei Herausforderungen, die die Pandemie mit sich gebracht hat, hatten wir die Möglichkeit vieles zu lernen, das uns auch in Zukunft nützlich sein wird. In dieser Hinsicht zählen auch die neuen Formen der Kommunikation dazu, die gut angenommen wurden.
IVVA: Kommen wir zur Digitalisierung, zu der die EU im Vorjahr mehrere Konsultationen abgewickelt hat. Ziel scheint, das „Marktpotential“ für FinTechs und InsureTechs zu erhöhen. Manche nennen Daten das Gold des 21. Jahrhunderts. Aber wie sinnvoll kann es sein, Algorithmen im Verborgenen etwa über die Vergabe von Krediten oder die richtige Versicherung entscheiden zu lassen?
Vorstand Weiss: In diesem Bereich ist zweifelsohne einiges in Bewegung. Das Versicherungsgeschäft an sich läuft weiterhin größtenteils über traditionelle Vertriebskanäle. KI, also eine künstliche Intelligenz ist nicht einfach umzusetzen.
IVVA: Wie sehen Sie die Chancen, dass menschliche Berater / Vermittler im Kampf gegen die Computer nicht unter die Räder kommen?
Vorstand Weiss: Maschinen und damit einhergehende Automatisierungen sind sicherlich eine hilfreiche Unterstützung, können aber Menschen und auch menschlichen Kontakt wie z.B. bei persönlichen Beratungsgesprächen nicht ersetzen.
IVVA: Lassen sich komplexe Produkte überhaupt kompetent online verkaufen? Bekommt der Kunde dann wirklich das „richtige“ Produkt und nicht nur das billigste?
Vorstand Weiss: Ja, mit MS Teams, Sharing oder ähnlichen Medien ist dies möglich. Zusätzlich werden auch online auf unserer Website eine Vielzahl von Informationsmaterialen zur Verfügung gestellt. Wenn es Kund:innen gibt, die darüber hinaus weitere Informationen benötigen, stehen sowohl unser HDI Service-Center als auch die Vermittler:innen des jeweiligen Vertrauens für tiefergehende Beratungen zur Verfügung.
IVVA: Man kann also zusammenfassend sagen, die Corona-Krise hat auch in Ihrem Haus zum verstärkten Einsatz von digitalen Mitteln geführt.
Vorstand Weiss: Ja, Video-Konferenzen sind state of the art und auch sonst ist Digitalisierung ein wichtiges Thema in unserem Unternehmen, dem wir uns annehmen, um uns stets weiterzuentwickeln.
IVVA: Viele Vermittler sehen das immer noch als Gefahr. Wie kann man den Vermittlern diese Angst nehmen?
Vorstand Weiss: Neuerungen bringen oftmals Skepsis oder Ängste mit sich. Unsere Erfahrungen in der Pandemiezeit zeigen aber, dass Kund:innen persönliche Beratung in den meisten Fällen sehr schätzen und sich gerade bei komplexen Themen, wie dem Abschluss der für die eigene Lebenslage richtigen Versicherung, vertrauensvoll an Expert:innen wenden. Somit sollten neue Technologien als wertvolle Unterstützung und nicht als Gefahr betrachtet werden.
IVVA: Gibt es Erfahrungswerte, welche Vorteile die digitalen Prozesse im Vorder-/ Hintergrund auch für die Vermittler bringen?
Vorstand Weiss: Digitale Prozesse bringen ganz klare Vorteile mit sich, wie etwa Zeitersparnis und höhere Effektivität. Zusätzlich ermöglichen diese eine transparente Dokumentation.
IVVA: Reagieren Firmenkunden anders als Privatkunden auf die Corona-Situation? Ich nehme an, dass Sie im KFZ-Bereich vor allem Privatkunden haben…
Vorstand Weiss: Es gibt klare Unterschiede zwischen Firmenkund:innen und Privatkund:innen. Dies ergibt sich alleine schon durch andere Organisationsthemen und einen anderen Zugang zum Digitalen.
IVVA: Gibt es neue Produkte, neue Konditionen?
Vorstand Weiss: Im Frühjahr 2022 kommt ein neuer HDI Kfz-Tarif auf den Markt. Zusätzlich arbeiten wir an Neuerungen bei unseren Versicherungsprodukten Haushalt und Eigenheim, die im Laufe des Jahres folgen werden.
IVVA: … dazu passt auch das Thema Cyber-Security: Medienberichten zufolge nehmen die erfolgreichen Hackerangriffe zu. In der Folge gibt es dann wochenlang Probleme. Haben Sie ähnliches schon erlebt?
Vorstand Weiss: Angriffe gibt es immer, aber wir sind gut geschützt und hatten bis dato keine Probleme.
IVVA: Prüfen Sie, ob der Vermittler sich selbst ausreichend schützt?
Vorstand Weiss: Nein, Prüfungen bei unseren Vermittler:innen sind nicht vorgesehen, da wir voraussetzen, dass sich unsere Geschäftspartner:innen eigenverantwortlich um die Sicherheit von Kund:innendaten und IT-Infrastruktur kümmern.
IVVA: Raten Sie den Vermittlern, dass sie selbst eine Cyberversicherung abschließen sollen, um dieses Existenzbedrohende Szenario zu reduzieren?
Vorstand Weiss: Nein, wir raten unseren Vermittler:innen nicht aktiv zu dem Abschluss einer Cyberversicherung, dies obliegt jedem und jeder Unternehmer:in individuell.
IVVA: Sie selbst bieten ja auch eine Cyber-Versicherung an. Wie wird die von den Agenten im Speziellen und vom Markt ganz allgemein angenommen?
Vorstand Weiss: Eine Cyber-Versicherung bieten wir nur im Industriebereich an, wobei diese nicht offensiv beworben wird.
IVVA: Anderes Thema: Wie geht es Ihnen mit der täglichen Umsetzung der IDD?
Vorstand Weiss: Gut, wir nehmen unsere Verantwortung in diesem Bereich wahr und setzen die Vorgaben nach bestem Wissen um.
IVVA: Bieten Sie auch eigene Webinare (oder mit Partnern) an, um die Partner-Agenten beim Erfüllen der Weiterbildungspflicht zu unterstützen?
Vorstand Weiss: Wie auch im vergangen Jahr werden wir heuer wieder zwei Webinare in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Gesellschaft für Versicherungsfachwissen anbieten. Die Teilnahme ist für unsere Vermittler:innen kostenlos und soll einen Beitrag zu den Weiterbildungspflichten leisten.
IVVA: Kommen wir zur DSGVO: Gibt es bei der täglichen Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung irgendwelche Probleme, Unklarheiten?
Vorstand Weiss: Bei Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung läuft alles ohne Probleme.
IVVA: Und noch ein juristisches Thema: Solvency II. Darum ist es überraschend ruhig geworden in den letzten Jahren. Sollte nicht jeder Vermittler seine Versicherungspartner prüfen, ob sie ausreichend solvent sind und im Versicherungsfall die versprochene Leistung tatsächlich erbringen kann?
Vorstand Weiss: HDI ist hier sehr gut aufgestellt. Dies zeigt auch ein „A“-Rating mit Ausblick „stable“ der Rating-Agentur „Standard & Poor‘s“.
IVVA: Nachwuchs / Nachfolge ist in der Branche seit Jahren ein wachsendes Problem. Merken Sie selbst auch diesbezüglich Probleme?
Vorstand Weiss: Wir sehen in der Überalterung des Berufsstandes keine Probleme, da die persönliche Beratung auch zukünftig immer einen Platz finden wird und es auch dann Menschen geben wird, die sich dazu berufen fühlen. Zusätzlich werden auch moderne Technologien und digitale Beratung einen größeren Stellenwert gewinnen und das Informationsangebot ergänzen. Ein Ziel wird sein Kund:innen jeweils dort abzuholen, wo sie gerade stehen und mit ihnen auf deren bevorzugten Kommunikationsweg in Kontakt zu treten. Somit werden sowohl Vermittler:innen als auch digitale Services und Onlineplattformen, Kund:innen bestens betreuen.
IVVA: Meine übliche Abschlussfrage: Warum unterstützen Sie den IVVA?
Vorstand Weiss: Wir unterstützen die IVVA, da es uns ein Anliegen ist, dass Agent:innen laufend gut informiert werden. Dafür leistet die IVVA einen wertvollen Beitrag, den wir sehr schätzen.
IVVA: Danke für das positive Feedback und die umfangreichen Antworten und freue mich auf das nächste Interview.