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OGH-Urteil: Fehlentwicklung bei Umsetzung im Justizausschuss? (NL 4/16)

Wie vorige Woche berichtet, liegt ein neuer Antrag im Justizausschuss, um das OGH-Urteil zur Sittenwidrigkeit von Provisionsverzichtsklauseln im Handelsvertretergesetz umzusetzen.

Jedoch wirft dieser Antrag mehr Fragen auf (Details unten), als er für Klarheit sorgt. Dort wo er für Klarheit sorgt, nämlich bei der Höhe der Folgeprovision, geht das zu Lasten der Agentenschaft. Die angedachte Höhe der Zahlung (50%), orientiert sich nicht am OGH-Urteil, das festlegt, dass die Folgeprovision zum „weitaus überwiegenden Teil“, für den Abschluss des Vertrages (und nicht die künftige Betreuung des Kunden) bezahlt werde. Was unserer Ansicht nach 75% oder mehr Prozent verlangen würde.

Rück- und Ausblick:
Seit dem Jahr 2000 – mit Gründung einer eigenen Standesvertretung in der WKO – kämpfen wir Agenten für unsere Rechte. Haben doch einige Versicherer in ihren Agenturverträgen Provisionsverzichtklauseln bei Vertragsbeendigung durch den selbständigen Agenten eingebaut. Eine Klausel die vom Erstgericht, Berufungsgericht und zu guter Letzt vom OGH als sittenwidrig bestätigt worden ist.

Der Berufstand verdankt diese richterliche Klarstellung einem couragierten Agenten der dieses Thema vor Gericht gebracht (das muss man sich mal trauen!) und Beharrlichkeit gezeigt hat. Davor sind leider einige diesbezüglichen Versuche mangels Ausdauer und Entschlossenheit schon gescheitert.

Dieser Rechtsstreit beseitigte die Knebelung in den Agenturverträgen – speziell im Punkt Folgeprovision (§26c Abs.1 HVertrG). Das Urteil hat außerdem klargestellt, dass die Folgeprovision immer den größten Teil ausmacht. Damit sollte auch geklärt sein, dass die Betreuungsprovision (§ 26c Abs.2 und 3) nur ein kleiner Teil der gesamten Vermittlungsprovision sein kann.

In diesem Sinne wurde auch vom Abg. Mag. Stefan Themessl (RFW) (25.2.2015) ein Antrag im Justizausschuss des Parlamentes eingebracht. Der Antrag wurde zwar auf die Tagesordnung gesetzt, aber dann vom Ausschuss nicht behandelt. Dieser Antrag hat nicht nur §26c Abs.1 als zwingend gefordert, sondern auch mit der Streichung des letzten Satzes im § 29 Abs.5 bewirken sollen, dass dieser Paragraph auf alle Agenturverträge Anwendung findet. Eine einfache Regelung, die auch den Versicherern und Agenturen einen entsprechenden Handlungsspielraum eingeräumt hätte.

Im Gegensatz dazu steht der aktuelle Antrag. Dieser wurde am 10.12.2015 von Mag. Michaele Steinacker (ÖVP), Dr. Johannes Jarolim (SPÖ), Peter Haubner (WB) und Dr. Christoph Matznetter (SWV) eingebracht. Hier wird nur mehr eine Folgeprovision von 50% als zwingende Regelung vorgesehen. Was den Schluss zulässt, dass damit die Betreuungsprovision auch 50% ausmacht. Betreuungsprovision muss nicht weiterbezahlt werden. Auch die Korrektur von § 29 Abs.5 wird nicht berücksichtigt. Wir befürchten, dass nur Verträge ab Rechtskraft der Gesetzesänderung dieser Regelung unterliegen würden.

Das wäre jedenfalls eine Lösung die nicht einmal dem OGH Urteil entspricht. Denn 50% ist keinesfalls der größte Teil oder überwiegende Anteil der Folgeprovision.

Aber das sind nicht die einzigen Punkte, wo für uns noch Regelungsbedarf besteht:

  • Macht es Sinn, überhaupt einen Prozentsatz (ob Folge oder Betreuung) festzulegen?
  • Weiters wichtig: Wie lange wird die Folgeprovision bezahlt?
  • Entspricht die Folgeprovision – bei Kündigung durch den Versicherer – dem zwingenden Ausgleichsanspruch nach § 24 Abs.1?
  • Sind die Bestimmungen von §26d auf 100% Folgeprovision ausgerichtet?
  • Gibt es eine Differenzierung der Ansprüche von Ausschließlichkeits- und Mehrfachagenten? Ist doch das Schutzbedürfnis sehr unterschiedlich.
  • Jedenfalls muss diese neue gesetzliche Regelung alle bestehenden Agenturverträge umfassen. Ideal wäre ab 31. Dezember 2006.

Wir gehen davon aus, dass in dieser Sache auch für BO Horst Grandits noch nicht die endgültige Fassung ausverhandelt worden ist. Zum Nachlesen des Interviews mit BO Grandits im AssCompact hier klicken…

Gerne unterstützen wir vom IVVA hier seine weiteren Bemühungen.
Denn wir wissen: Verhandlungen mit dem Versicherungsverband können sehr einseitig sein, wurde doch seit Anbeginn der Gespräche zu obiger Thematik (2002) jede Verhandlung durch Blockade eines Interessenausgleiches in der Wirtschaftskammer verhindert. Der Berufstand der Versicherungsagenten kann aber mit Recht ein Ergebnis erwarten, das nicht nur dem OGH Urteil entspricht, sondern auch die rechtliche Basis des Berufstandes der Versicherungsagenten sichert.

Wie geht’s weiter?
Wir haben die oben genannten Abgeordneten von Wirtschaftsbund (WB) und Sozialdemokratischen Wirtschaftsverband (SWV) gebeten, uns ihre Beweggründe für diese Ausformung des Antrags zu nennen. Ist es doch nicht zu verstehen, weshalb ein Gesetz geändert werden soll, das wieder zu Rechtsstreitigkeiten führen wird.

Leider haben wir bis zum heutigen Tag keine Informationen erhalten, werden Sie werte Agentenschaft aber in den nächsten Wochen darüber regelmäßig informieren.

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