Vorige Woche, konkret am 18. 12., haben der EU Rat, das Europäische Parlament und die Europäische Kommission eine Einigung über die Retail Investment Strategy (RIS) erzielt. Das RIS-Paket umfasst eine Richtlinie mit gezielten Änderungen an mehreren EU-Finanzdienstleistungsrichtlinien, darunter MiFID, Solvency II, UCITS und AIFMD, sowie eine Verordnung zur Änderung der PRIIPs-Verordnung.
Zwar liegt eine GRUNDSATZ-Einigung vor, aber viele Details werden erst in den nächsten Wochen zu Papier gebracht. Wir werden Sie über diese Details informieren, sobald sie vorliegen. Hier aber ein Rückblick und erster Ausblick, was auf die Finanz- und Versicherungsbranche zukommen wird. Wie schaut es nun mit dem angedrohten Provisionsverbot aus?
Rückblick: Die Retail Investment Strategy der EU ist eine Initiative, die darauf abzielt, Kleinanlegern bessere Bedingungen für ihre Investitionen zu schaffen. Daher ist oft auch von der Kleinanleger-Richtlinie zu lesen. Ihr Hauptziel ist es, sicherzustellen, dass Privatanleger klare, vergleichbare Informationen erhalten und fair behandelt werden. Die Strategie will Probleme wie überhöhte Produktkosten, Interessenkonflikte und irreführende Werbung bekämpfen. Durch mehr Transparenz und stärkeren Anlegerschutz soll das Vertrauen in die Kapitalmärkte steigen und die Beteiligung von Privatanlegern gefördert werden. Langfristig sollen so private Ersparnisse in produktive Investitionen gelenkt werden, um das Wirtschaftswachstum und die Kapitalmarktunion zu stärken.
Aus der Sicht der Berater und Vermittler waren und sind wichtige Themen betroffen.
Die Schlagworte dazu:
- Verstärkte „Value for money“-Anforderungen (Preis-Leistungsverhältnis):
Wertpapierfirmen werden verpflichtet, ALLE Kosten und Gebühren zu erheben und bekannt zugeben, damit die potentiellen Kunden die Produkte vergleichen können. Die wesentlichen Anlegerinformationen werden in Produktblätter („KIDs“) erfasst sein, damit die Kleinanleger „fundierte Anlageentscheidungen treffen können“. - Strengere Regeln für Provisionen und Interessenskonflikte:
Hier wird der Grundsatz verstärkt, dass Unternehmen und Berater, im besten Interesse ihrer Kunden handeln müssen. Daher werden strengere Vorschriften für Anreize eingeführt (darunter fallen Provisionen ebenso, wie Gebühren, monetäre oder nicht monetäre Vorteile).
Verkürzt gilt: Provisionen dürfen nur gezahlt werden, wenn sie dem Kundeninteresse dienen (?also er etwas davon hat?) und transparent offengelegt werden.
Achtung: Das oft befürchtete Provisionsverbot (besonders bei „Execution Only“ – also beratungsfreie Geschäfte) ist von Seiten der EU vom Tisch. ABER die EU bietet den Nationalstaaten die Möglichkeit hier strenger vorzugehen. Wenn also Österreich ein Verbot einführen will, könnte man dies tun.
Weitere interessante Schlagworte dazu sind Inducement-Test, investment-journey, Produktgovernance und Vertriebspflichten, Definition des professionellen Anlegers (der nicht unbedingt das gleiche Schutzniveau wie die Kleinanleger genießen muss), FinFluencer, etc.
Nächste Schritte: Die vollständigen Rechtstexte werden erst noch finalisiert. Nach Fertigstellung müssen die Texte vom Europäischen Parlament und vom Rat ratifiziert und anschließend im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden. Nach der Veröffentlichung haben die Nationalstaaten 24 Monate Zeit für die Umsetzung. Die neuen Regeln treten 30 Monate nach Veröffentlichung in Kraft, mit Ausnahme der PRIIPs-Bestimmungen, die bereits nach 18 Monaten gelten.
Wir werden uns in den nächsten Wochen mit den Details beschäftigen und Sie weiter darüber informieren, sobald die finalen Texte vorliegen
Beste Grüße vom IVVA Team.