
Was änderte sich seit 1. Jänner? Und was bringt die Omnibus-Direktive der EU?
Wir geben einen kurzen Überblick…
Was bedeutet ESG?
ESG steht für die drei englischen Begriffe Environmental, Social und Governance, also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Es geht darum, ökologische und soziale Faktoren mit dem Geschäft in Einklang zu bringen, wobei der Fokus auf nachhaltigem Wirtschaften liegt. Der Ansatz „doing well by doing good“ bedeutet dabei, dass Unternehmen durch verantwortungsbewusstes Handeln auch wirtschaftlich erfolgreich sein können.
EU-Richtlinien für ESG
Zur Förderung und Regulierung nachhaltiger Praktiken wurden auf EU-Ebene verschiedene Richtlinien für ESG erlassen, die teilweise in den Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Von besonderer Bedeutung sind hier unter anderem die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die EU-Taxonomie-Verordnung und die Lieferketten-Richtlinie (CSDDD). Die CSRD verfolgt das Ziel, die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu verbessern und zu vereinheitlichen, während die EU-Taxonomie-Verordnung Kapitalströme gezielt in nachhaltige Investitionen lenken soll. Die Lieferketten-Richtlinie hat die weltweite Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutz zum Ziel.
Wer ist davon betroffen?
Seit dem 1. Jänner 2025 sind alle großen kapitalmarktorientierten Unternehmen verpflichtet, einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen. Für alle anderen Unternehmen haben sich die Umsetzungsfristen durch das Omnibus-Paket um ein bzw. zwei Jahre nach hinten verschoben. Zudem wird die Anzahl der betroffenen Unternehmen reduziert, sodass nach dem Vorschlag der EU-Kommission Unternehmen mit weniger als 1000 Mitarbeitern von der Berichterstattung ausgenommen sein sollen. Zwar sind kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) nicht direkt betroffen, jedoch kann es indirekte Auswirkungen haben. Geschäftspartner, die der Berichtspflicht unterliegen, könnten von KMU Daten zur Nachhaltigkeit der gelieferten Waren oder Dienstleistungen anfordern.
Warum ESG immer wichtiger wird?
Ziele wie das „Pariser Abkommen“ und der „Green New Deal“ verdeutlichen, dass Unternehmen eine zentrale Rolle bei der Erreichung der globalen Klimaziele spielen. Immer mehr VerbraucherInnen und InvestorInnen legen Wert auf Transparenz und Nachhaltigkeit, was Unternehmen unter Druck setzt, ihre ESG-Initiativen sichtbar zu machen. Diese steigende awareness in der Gesellschaft führt zu einem wachsenden Interesse an nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen, was wiederum Unternehmen, die sich verantwortungsbewusst positionieren, wirtschaftliche Vorteile verschafft. Nachhaltigkeit stellt somit eine Chance für wirtschaftliche Stabilität und langfristiges Wachstum dar. Unternehmen, die ESG-Praktiken ernst nehmen und darüber berichten, stärken ihre Reputation und zeigen, dass sie zukunftsfähig und resilient gegenüber globalen Herausforderungen sind. ESG Initiativen verbinden einerseits die Erreichung von Umwelt- und Sozialzielen mit der Förderung von Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen andererseits.
Kritik an den ESG-Vorgaben der EU
Die ESG-Vorgaben werden von Marktvertretern immer wieder kritisiert.
Schlagworte sind zu hoher bürokratischer Aufwand (hier werden die ESG-Berichtspflichten als zu komplex und ressourcenintensiv gesehen).
Unklare Standards liest man auch immer als Kritikpunkt. Die Vielzahl an ESG-Richtlinien (CSRD, EU-Taxonomie, CSDDD) führe zu Unsicherheiten bei der praktischen Umsetzung und zu Doppelbelastungen.
Die Umsetzung der ESG-Vorgaben verursacht in den Unternehmen hohe Kosten für Berichterstattung, Datenmanagement und Prüfungen, womit Kostenbelastung ein sehr starkes Argument ist, das dann mit der Aussage von Wettbewerbsnachteilen kombiniert wird, weil es Regionen gibt, die keine oder weniger strenge ESG-Regeln haben.
Warum Omnibus-Direktive?
Natürlich denkt jeder sofort an einen Bus, also ein Straßenfahrzeug, das viele Fahrgäste befördern kann. Was hat das bitte mit EU-Vorgaben zu tun?
Der Begriff „Omnibus“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet wörtlich „für alle“ oder „alles umfassend“.
In der EU-Gesetzgebung wird der Begriff verwendet, wenn ein Gesetzesvorschlag oder eine Richtlinie mehrere Themen oder Regelungen in einem einzigen Paket zusammenfasst.
Also stellen Sie sich vor, wir alle steigen in einen Bus ein. Und mit uns sitzt dann eine Person, die symbolisch die Versicherungsvermittlung (IDD) repräsentiert. Und daneben sitzt ein Vertreter, der für Wertpapiervermittlung verhandelt (MiFID). Daneben jemand, der den Bereich Nachhaltigkeit (ESG, CSRD, CSDD) usw. usf. vertritt.
Üblicherweise erstellte die EU-Kommission eine Richtlinie für EINEN FACHBEREICH. Darüber wurde dann monatelang mit allen Mitgliedsländern, dem EU-Parlament, dem EU-Rat und Wirtschaftsverbänden verhandelt, bis dann nach einem Trilog (Dreierverhandlung zwischen EU-Kommission, EU-Rat und EU-Parlament) eine Richtlinie verabschiedet wurde, die dann 1-2 Jahre später in den Nationalstaaten umgesetzt sein musste.
Diesen mühsamen, zeitaufwändigen Weg will man sich mit der Omnibus-Richtlinie ersparen. Man untersucht aktuell viele Rechtsbereiche auf EU-Ebene, um zu prüfen, ob und wo man Entlastungen – besonders für kleine und mittelgroße Firmen – finden kann. Und das alles packt man dann in EINE OMNIBUS-Richtlinie, mit der dann – nach Einigung und Verabschiedung – Änderungen in allen betroffenen EU-Vorgaben, Richtlinien, etc. durchgeführt werden. Also „Ein Gesetz für Alles“ mit dem Ziel, Vereinfachungen und Harmonisierung mehrerer Bereiche zu schaffen. Daher Omnibus…
Was soll die Omnibus-Richtlinie bringen?
Das Reformpaket der EU-Kommission soll die oben beschriebenen Kritikpunkte beseitigen, also zur Vereinfachung und Harmonisierung (auch) der ESG-Vorgaben beitragen.
Ihre Ziele:
Entlastung der Unternehmen:
-
- Die CSRD-Berichtspflicht soll nur noch für Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitenden gelten (statt bisher 250)
- Einführung freiwilliger Berichterstattung für kleinere Unternehmen
- Die Umsetzungsfristen werden nach hinten verschoben
Vereinfachung der Lieferkettenpflichten (CSDDD):
-
- Sorgfaltspflichten gelten nur noch für direkte Zulieferer
- Überprüfungsintervalle werden von 1 auf 5 Jahre verlängert
Reduktion von Doppelmeldungen:
-
- Harmonisierung der ESG-Berichte mit internationalen Standards
- Förderung digitaler Berichtsformate und automatisierter Tools
Kritik an der Omnibus-Richtlinie:
-
- Transparenzverlust: Durch die Einschränkung der Berichtspflicht könnten wichtige ESG-Daten verloren gehen
- Verzögerung der Nachhaltigkeitsziele: Einführung der CSRD für viele Unternehmen wurde auf 2028 verschoben
Fazit
ESG hat das Potential, ein Gewinn für alle zu sein – Unternehmen können ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen, während sie einen positiven Einfluss auf Gesellschaft und Umwelt ausüben.
Die Omnibus-Richtlinie ist ein Versuch, den Spagat zwischen Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit zu schaffen. Während Unternehmen die Entlastung begrüßen, warnen NGOs und ESG-Experten vor einem Rückschritt bei der Transparenz und Glaubwürdigkeit nachhaltiger Unternehmensführung.
Beste Grüße von Mag. Stephan Novotny und vom IVVA Team
Quellen: Webseite EU-Kommission, Wikipedia

RA Mag. Stephan Novotny, Foto: Stephan Huger
RA Mag. Stephan Novotny
1010 Wien, Landesgerichtsstraße 16/12