Status Weiterbildung von Vermittler und deren Mitarbeiter (NL 13/23)

Foto Mag. Novotny_Stephan Huger

Weiterhin Webinare erlaubt?

Eine oft gestellte Frage – darf man auch nach Corona-Ende weiterhin Webinare nutzen – nehmen wir zum Anlass, um Sie an Ihre Pflichten betreffend der eigenen Weiterbildung und jener Ihrer Mitarbeiter zu erinnern.

Wir haben dazu den auf Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt Mag. Stephan Novotny befragt.

Zum Erinnern: Regelmäßig mussten wir und andere Fachmedien berichten, dass die Behörden bei Überprüfungen große Mängel feststellten. Bedenken Sie: Das sind keine „kleinen Hoppalas“, sondern es drohen bei erstmaligem Verstoß bis zu EUR 2.180 (§ 367 Z 58 GewO iVm § 137b Abs 3 GewO) Strafe. Und bei mehrmaligem Verstoß sogar Berufsverbot!

Und ein Urteil des Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bestätigte den Entzug der Gewerbeberechtigung mit der abschließenden Feststellung: „…handelt es sich bei der Nichterfüllung der Weiterbildungsverpflichtung nicht um ein Bagatelldelikt“. Details zum Urteil finden Sie unten anbei.

Daher: Nehmen Sie die eigene Weiterbildung – aber auch jene der eigenen Mitarbeiter – nicht auf die leichte Schulter.

Zum Nachlesen:
https://ivva.at/kontrolle-keine-weiterbildung-keine-dokumentation-strafen-drohen-nl-32-20/https://ivva.at/idd-was-kontrollieren-die-behoerden-nl-23-21/
https://ivva.at/idd-wer-darf-was-bei-ihnen-kontrollieren-nl-25-21/
https://ivva.at/gilt-ein-oeamtc-webinar-fuer-die-weiterbildung-nl-34-20/
https://ivva.at/eigene-weiterbildung-und-jene-der-mitarbeiter-nicht-vergessen-nl-33c-22/

Hier geht es zur Frage, die Antwort von RA Mag. Novotny, die rechtlichen Grundlagen und das oben zitierte Urteil des Landesverwaltungsgerichts.
Sowie zu Tipps zum Umsetzen der gesetzlichen Weiterbildungspflicht.


Frage: Darf man auch nach dem Corona-Ende weiterhin Webinare nutzen, um die eigene Weiterbildungsverpflichtung, aber auch jene der Mitarbeiter, zu erfüllen? Und falls ja, in welchem Verhältnis? Also wie viele Stunden dürfen Webinare bzw. wie viele Stunden müssen Präsenz-Seminare sein?

Dazu RA Mag. Novotny:

Die Corona-Pandemie hat unseren täglichen Alltag massiv verändert und damit auch zu einem enormen Digitalisierungs-Schub geführt. Für viele von uns wurde es fast normal, anstelle die Kunden zu besuchen, mit diesen via Video-Tools zu reden. Und anstelle von Präsenz-Seminaren verstärkt oder ausschließlich Webinare zu nutzen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Man spart sich die Zeit für An- und Abreise und kann die Zeit, die man ansonsten im Auto verbracht hätte für andere nützlichere Arbeiten verwenden.

Aber zurück zur Weiterbildung. Während der Corona-Zeit galt es persönliche Kontakte zu vermeiden, daher war es logisch, dass man Webinare nutzen sollte / musste, um die Weiterbildungsverpflichtung zu erfüllen. Also durfte man sogar 100 % der Stunden mittels Webinaren erfüllen.

Doch nun ist die Pandemie vorbei. Und auch wenn viele von uns die Vorteile der Webinare erkannt haben und gerne weiter nutzen würden, sieht das die Gewerbeordnung, der Lehrplan leider nicht vor.

Und auch die Wirtschaftskammern (sowohl die Fachgruppe der Agenten, als auch der Makler) verweisen darauf, dass die Corona-Ausnahme-Regelung für 2023 nicht mehr gilt. Also wieder auf ein „ausgewogenes“ Verhältnis zwischen Webinaren und Präsenzveranstaltungen zu achten ist.

Das bedeutet also, dass Sie die 15 Stunden (bzw. 20 für gewerbliche Vermögensberater) nur noch zu 50 % in Form von Webinaren erfüllen dürfen. Der Rest muss jedoch wieder in Präsenz-Veranstaltungen absolviert werden.

Tipp: Achten Sie darauf, dass nicht jedes Seminar / Webinar für die gesetzliche Weiterbildung gilt. Der IVVA hat dazu bereits berichtet, wie Sie erkennen können, ob ein Webinar, Seminar zählt, können Sie hier nachlesen…

Tipp 2: Suchen Sie sich rechtzeitig die Stunden zusammen. Der Jahreswechsel kommt rascher als man denkt. Studieren Sie z.B. die Agenturpartner-Seiten auf der IVVA Webseite, weil einige Versicherer Webinare zur Weiterbildung anbieten.

ABER: Bedenken Sie, dass mindestens 50 % von unabhängigen Anbietern stammen müssen. Wer als unabhängig gilt, haben wir in diesem Beitrag erklärt…

Tipp 3: Vergessen Sie nicht auf die Mitarbeiter!
Welche Mitarbeiter muss ich schulen? Gibt es Unterschiede hinsichtlich Anforderungen zwischen „Mitwirkenden“ und „Leitungsorganen“? Und wer gilt als Leitungsorgan?
Und welche Form-Vorschriften muss man einhalten (Zertifikate, Dokumentation) und wie lange muss man so etwas aufheben? Die Antworten samt Details dazu haben wir bereits  hier beantwortet…

Tipp 4: Haftpflichtversicherung steigt aus.
Missachtung führt nicht nur zu Strafen oder sogar Gewerbeberechtigungs-Entzug.
Sondern hat auch Folgen für das Bestehen der Berufshaftpflichtversicherung.
Denn die steigt womöglich aus, weil dieberufliche Sorgfalt in Form der Fortbildungsverpflichtung nicht eingehalten wird“. Und ein Wegfall der Berufshaftpflichtversicherung hat wiederum sofort Maßnahmen der Behörde zur Folge (Einleitung Gewerbeentziehungsverfahren). Und: Sollte einem Kunden ein Schaden durch den Vermittler (schuldhaft) entstanden sein, muss der Versicherer den Kunden den Schaden ersetzen, aber wird sich beim Vermittler regressieren. Also droht auch von dieser Seite „grobes Ungemach“, das sehr teuer werden kann.

Urteil des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich bestätigt Gewerbe-Entzug!
Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Und: Nicht einmal Corona half als Ausrede!

Der Sachverhalt laut Urteil:
Ein Versicherungsmakler hatte im Jahr 2019 keine Weiterbildung absolviert. Für das Jahr 2020 wurden lediglich 7 Stunden nachgewiesen. Die Behörde hat daher die Gewerbeberechtigung entzogen.

Gegen diesen Bescheid hat der Makler eine Beschwerde eingebracht und wie folgt argumentiert: Er habe „…2019 nicht die erforderlichen Weiterbildungen absolviert, weil er damals keine Kenntnis von der neuen Bestimmung hatte“ (Anmerkung: gemeint ist wohl die Vorschrift mit den 15 Stunden pro Jahr).

Weiters argumentierte der Beschwerdeführer: „Er habe sich bemüht, die Kurse für das Jahr 2020 zu absolvieren. Aufgrund der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Maßnahmen sei es jedoch schlichtweg unmöglich gewesen, das erforderliche Stundenausmaß von 15 Stunden zu absolvieren“…

Und weiters dass „dieses Versäumnis keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen habe“.
Diese Argumentation überzeugte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht.

Mit Erkenntnis LVwG-851624/8/MS/Rd vom 19.10.2021 – hier herunterladbar… plus Link auf  https://www.lvwg-ooe.gv.at/Entscheidungen/2021/851624_8.pdf  – wurde – in „einfachen Worten übersetzt“ entschieden, dass sich der Versicherungsmakler nicht auf Unwissenheit ausreden könne. Und auch Corona wurde als Ausrede nicht gelten gelassen.

Wörtlich heißt es im Urteil: …“ist ihm zum einen die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorzuhalten, wonach von einem Gewerbetreibenden erwartet werden kann, dass er sich vor Gewerbeausübung bezüglich der anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen Kenntnis verschafft“. Und das Corona-Argument zog ebenfalls nicht. Dazu das Gericht: „In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass es dem Beschwerdeführer durchaus möglich gewesen wäre, 2020 der Weiterbildungsverpflichtung nachzukommen, weil die Weiterbildungsveranstaltungen pandemiebedingt online stattgefunden haben…“.

Und das Gericht schließt mit dem Statement: „…handelt es sich bei der Nichterfüllung der Weiterbildungsverpflichtung nicht um ein Bagatelldelikt“.

Daher: Nehmen Sie die eigene Weiterbildung – aber auch jene der eigenen Mitarbeiter – nicht auf die leichte Schulter.

Zum Nachlesen:
https://ivva.at/kontrolle-keine-weiterbildung-keine-dokumentation-strafen-drohen-nl-32-20/ https://ivva.at/idd-was-kontrollieren-die-behoerden-nl-23-21/
https://ivva.at/idd-wer-darf-was-bei-ihnen-kontrollieren-nl-25-21/
https://ivva.at/gilt-ein-oeamtc-webinar-fuer-die-weiterbildung-nl-34-20/
https://ivva.at/eigene-weiterbildung-und-jene-der-mitarbeiter-nicht-vergessen-nl-33c-22/

Quellen: Webseite des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich, IVVA Webseite

Beste Grüße vom IVVA Team und Mag. Novotny.

Sollten Sie noch keinen Anwalt haben: Mag. Stephan Novotny, ein auf Versicherungs- und Datenschutzrecht spezialisierter Fachanwalt steht gerne zur Verfügung, für IVVA Mitglieder sogar zum Spezialpreis.

 

RA Mag. Stephan Novotny, Foto: Stephan Huger


RA Mag. Stephan Novotny

1010 Wien, Landesgerichtsstraße 16/12

kanzlei@ra-novotny.at

https://www.ra-novotny.at

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