ARAG über neue Produkte & Digitalisierungs-Vorteile (NL 15b/22)

Mag.a Birgit Eder, Hauptbevollmächtigte ARAG SE, Foto ARAG

Interview mit Mag.a Birgit Eder,
Hauptbevollmächtigte der ARAG SE, Direktion für Österreich

Im heurigen Interview erfahren wir u.a. wie ARAG durch die Corona-Krise gekommen ist und welche neuen Tarife/Produkte auf den Markt kommen. Weiters wo wirklich die Vorteile der Digitalisierung sind und warum an persönlicher Beratung auch weiterhin kein Weg vorbei führt.
Wie sieht es mit den Kontrollen aufgrund der IDD aus (Beratungsprotokoll, Weiterbildung, etc.)? Wie sieht ARAG das Thema Cyber-Security und was kann das hauseigene Cyber-Produkt? Auf welche Auszeichnungen ist man besonders stolz? Was zeichnet ARAG als Partner für Agenten aus und wohin sollen sich Interessenten wenden?

IVVA: Was hat sich bei Ihnen in den letzten Monaten verändert? Wie schaut die Vertriebs-Situation aus? War das (Vor-)jahr ein gutes für Sie? Wuchsen Sie? Mit der Branche oder sogar stärker?

Mag.a Eder, ARAG: ARAG konnte 2021 die höchste Produktion seit Bestehen der ARAG verzeichnen. Der Bedarf an Rechtsschutz ist gerade in diesen Zeiten sehr hoch. Wir sind mit der Prämie um 7,5 % gewachsen und freuten uns im Oktober über die Erreichung von 80 Mio. Rechtsschutzbestand. Das ist im Branchenvergleich sehr gut und wir sehen darin auch das Ergebnis unserer Bemühungen uns in allen Bereichen auf die neue Normalität einzustellen und Vertriebspartner und Kunden gleichermaßen abzuholen.

IVVA: Wie schlugen sich die Corona-bedingten Lock-down bei Ihnen im Unternehmen nieder? Sind Mitarbeiter noch im Home-Office oder kehrte bereits wieder Normalität ein?

Mag.a Eder: Selbstverständlich hat Covid-19 auch bei uns den Arbeitsalltag drastisch verändert. Die meisten von uns arbeiteten fast 2 Jahre im Homeoffice. Das hat bei uns sehr gut funktioniert, weil wir schon vor Corona viele Vorkehrungen für Telearbeit getroffen haben und etwa MS Teams regelmäßig genutzt haben. Wir sind technologisch gut ausgestattet, weshalb wir auch binnen einem Tag den Wechsel vom Büro ins Home-Office bewerkstelligen konnten. Somit war die Erreichbarkeit immer zu 100% gegeben. Darüber hinaus haben wir viele Maßnahmen getroffen, um auch die interne Kommunikation bei uns im Unternehmen zu fördern. So haben wir uns vieles einfallen lassen, um uns auch digital intensiv auszutauschen und somit auch intern im Gespräch zu bleiben.

Mittlerweile arbeiten wir in einer hybriden Variante, teils im Büro, teils von zu Hause.

IVVA: Wie reagierten die Kunden auf Corona? Konnten Sie während der letzten Monate den Kontakt zu ihnen aufrecht erhalten? Es wird wohl auch Kunden geben, die noch nicht mit MS Teams umzugehen gewöhnt sind… Hatten Sie hier Probleme zu lösen?

Mag.a Eder: Unsere Erreichbarkeit hat sich durch die Fokussierung auf den Kundenservice in dieser Zeit sogar verbessert.

Wir haben auch neue Kommunikationswege geöffnet. So gab es etwa die Möglichkeit Beratungen per Video in Anspruch zu nehmen. Weiters haben wir einen Livechat eingeführt, wo Kunden und Vertriebspartner in Echtzeit mit uns chatten können. Einen neuen Chatbot gibt es auch. Hier kann der Kunde einen Verkehrsunfall leicht melden und wird Schritt für Schritt durch die Schadenmeldung geleitet.

Im Leistungsbereich, wo die physische Anwesenheit normalerweise erforderlich ist – wie etwa bei der Inhouse-Mediation – wurde auf Videokonferenz umgestellt. Für uns war es wichtig gerade in dieser unsicheren Zeit die gewohnte Servicequalität auf hohem Niveau zu halten. Das ist uns auch gelungen.

IVVA: Und wie ging es den Vermittlern? Haben wir uns alle an die neue Form der Online-Kommunikation gewöhnt? Neue Normalität sozusagen?

Mag.a Eder: ARAG hat als einzige Vertriebsschiene den ungebundenen Vertrieb.

Die Betreuung unserer Vertriebspartner haben wir neben dem Telefon auch verstärkt mit Videokonferenzen durchgeführt. Mittlerweile sind auch Präsenztermine wieder möglich.

IVVA: Die EU hat im Vorjahr mehrere Konsultationen zur Digitalisierung abgewickelt. Manche reden schon davon, dass Daten das Gold des 21. Jahrhunderts sind. Wie sinnvoll kann es sein, Algorithmen im Verborgenen etwa über die Vergabe von Krediten oder die richtige Versicherung entscheiden zu lassen? Viele Vermittler sehen die Digitalisierung immer noch als Gefahr. Wie kann man den Vermittlern diese Angst nehmen?

Mag.a Eder: Wir begrüßen die Digitalisierung, da sie weitere Möglichkeiten schafft. Zugleich gilt es den persönlichen Kontakt zu unseren Vertriebspartnern und Kunden nicht zu verlieren.

Aber genau für den qualitativ hochwertigen Service bietet die Digitalisierung eine Chance. Wir sehen die Digitalisierung daher nicht als Konkurrenz für persönlichen Umgang und Beratung, sondern als Ergänzung.

IVVA: Gibt es Erfahrungswerte, welche Vorteile die digitalen Prozesse im Vorder-/ Hintergrund auch für die Vermittler bringen?

Mag.a Eder: Ganz vereinfacht gesagt: Organisatorische Dinge können automatisiert werden und damit haben unsere Juristen und Berater mehr Zeit, um sich den Bedürfnissen unserer Kunden und Vertriebspartner zu widmen.

Wir versuchen bestimme Services zu digitalisieren, um auch unseren Vertriebspartnern das Arbeiten zu erleichtern. So haben wir etwa unseren ARAG Tarifrechner auf ganz neue Beine gestellt. Es handelt sich dabei um eine Tablet-fähige Webapplikation, die den Bedürfnissen der Vertriebspartner angepasst wurde. Mit einmaliger Registrierung mit der Vermittlernummer und einer Log-in-Funktion wird für jeden Vermittler sein mit ARAG vereinbarter Rabatt individuell hinterlegt. In Arbeit ist eine automatische Dunkelpolizzierung, die sowohl für die Vertriebspartner als auch für ARAG eine deutliche Effizienzsteigerung und administrative Erleichterung bringen soll. Ebenfalls sollen zukünftig bei hinterlegten Verträgen auf Knopfdruck Konvertierungsangebote mit Vorteilen und Hinweisen erstellt werden können.

IVVA: Und wie stehen die Kunden der Digitalisierung gegenüber?

Mag.a Eder: Die Welt wird insgesamt digitaler, da erwarten auch unsere Kunden mehr Möglichkeiten. Wir haben daher neue Kontaktwege geöffnet, um alle Kunden abzuholen. Neben schriftlicher und telefonischer Beratung gibt es auch die Möglichkeit per Video mit uns zu sprechen, mit uns zu chatten oder über einen Chatbot einen Schaden zu melden. Generell stellen wir auf unserer Homepage eine Vielzahl an digitalen Formularen zur Verfügung, die es Kunden und Vertriebspartnern ermöglichen leicht mit uns in Kontakt zu treten. Es ist also für jeden etwas dabei.

IVVA: Rechtschutz ist ein komplexes Produkt. Lässt sich das überhaupt kompetent online verkaufen? Bekommt der Kunde dann wirklich das „richtige“ Produkt und nicht nur das billigste?

Mag.a Eder: Ja, Rechtsschutz ist ein sehr komplexes Produkt, insbesondere im Firmenbereich. Um sicher zu gehen, dass der Kunde ein für seine individuellen Bedürfnisse ein passgenaues Produkt bekommt, wird die individuelle Beratung auch weiterhin notwendig sein.

Wenn aber der Abschluss von standardisierten kleinen Produkten automatisiert wird, haben auch die Vermittler mehr Zeit und Kapazität sich der Beratung zu widmen. Also eine win – win – Situation. Vermittler die auf hohe Beratungsqualität setzen und sich durch Automatisierung Zeiträume schaffen, werden die Gewinner der Digitalisierung sein.

FinTechs, InsureTechs und LegalTechs werden in der Zukunft sicher eine große Rolle spielen. Wir haben dies im Blick und arbeiten aktiv an der Zukunft des Rechts. Darum unterstützen wir das Legal Tech Certificat Program am Legal Tech Center der Wirtschaftsuniversität Wien. Hier wird vor allem die Digitalisierung im Leistungsbereich in der Zukunft eine große Rolle spielen. Außerdem sind wir seit diesem Jahr auf der Legal Tech Map Austria 2022 zu finden.

IVVA: Themenwechsel: Gibt es neue Produkte, neue Konditionen?

Mag.a Eder: Es gibt eine neue Tarifgeneration 1/2022. Hier erfolgte die Verbesserung und der Ausbau bestehender Produkte, wie etwa des Ärzte-Rechtsschutzes.

Dem Bedürfnis unserer Kunden entsprechend gibt es die Möglichkeit die Versicherungssumme auf EUR 362.000,- zu erhöhen. Der web@aktiv Rechtsschutz ist bereits im Basis-Paket enthalten.

Gänzlich neu ist, dass Versicherungsschutz bei Vorwurf strafrechtlicher Verfehlungen wegen Tötung auf Verlangen (§ 77 StGB) und Mitwirkung am Selbstmord (§78 StGB) bei Einstellung oder Freispruch gegeben ist. Erweiterungen gibt es auch im Forderungsmanagement und bei Honorarstreitigkeiten des Arztes besteht keine Streitwertobergrenze im Vertrags-Rechtsschutz. Mitversichert sind auch die Tätigkeiten des Arztes als Gutachter und bei der Haltung einer Hausapotheke.

Ein neuer Baustein wurde hinzugefügt: Der Wohlfahrtsfonds-Rechtsschutz: Der Versicherungsschutz umfasst hierbei im Sozialversicherungs- Rechtsschutz über Artikel 24.2. ARB hinaus für den Versicherungsnehmer und die mitversicherten Personen auch die Wahrnehmung rechtlicher Interessen vor österreichischen Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichten in Leistungssachen der Wohlfahrtsfonds gemäß dem Ärztegesetz.

IVVA: Sie haben per Mai 2022 einen neuen Gründer-Rechtsschutz gelauncht. Warum?

Mag.a Eder, ARAG: 2021 wurden in Österreich wieder mehr neue Unternehmen gegründet als in den Jahren davor. Der Unternehmergeist ist in Österreich derzeit sehr stark und lässt sich durch die Krise nicht bremsen. Wir möchten diese Entwicklung positiv unterstützen.

Ein eigenes Unternehmen zu gründen erfordert schließlich Mut, gute Vorbereitung und einen starken Partner, der einen rechtlich absichert. Es gilt viele Stolpersteine zu überwinden, finanzielle Hürden zu meistern und Risiken zu minimieren. Nicht jeder schafft es über die Gründungsphase hinaus profitabel zu werden und muss nicht selten Insolvenz anmelden.

Mit dem neuen ARAG Gründer-Rechtsschutz in der Variante KOMFORT oder PREMIUM soll es für Neugründer die ersten drei Jahre Prämienbegünstigungen geben. So ist unter anderem der Fahrzeugbereich gratis mitversichert, auch wenn der Fuhrpark größer wird. Ebenso wird der im Betrieb tätige Ehegatte/Lebensgefährte/in bei der Beschäftigtenanzahl und somit Tarifierung nicht mitgezählt.

Bei der Neugründung eines Unternehmens sind oft noch keine oder wenig Angestellte beschäftigt, aber im Laufe der Zeit kann sich viel ändern und der Mitarbeiterbestand kann rasch anwachsen. ARAG sorgt mit einer Prämiengarantie dafür, dass die Prämie trotz wachsendem Unternehmen nicht ansteigt – dies bei vollem Versicherungsschutz und keiner Obergrenze bei der Beschäftigtenanzahl.

ARAG bietet darüber hinaus einen Gründer-Beratungsservice für anwaltliche Beratung rund um die Unternehmensgründung sowie einen Gründer-Vertragsservice zur Überprüfung oder Erstellung von Verträgen. Die neu erstellte Homepage des Unternehmens kann man mit dem digitalen Website-Check auf Rechtsfallen überprüfen lassen – mit wenigen Klicks zum Gutachten. So können Rechtsprobleme proaktiv verhindert werden.

Gerade in der Gründerphase schließt man sehr viele Rechtsgeschäfte ab, die für den Betrieb des Unternehmens notwendig sind. Diese Gründergeschäfte möchten wir mit dem neuen Produkt doppelt absichern. Kommt es zu Streitigkeiten aus Gründergeschäften, dann gilt eine 100%ige Streitwertüberschreitung im Allgemeinen Vertragsrechtsschutz als prämienfrei mitversichert.

Eine Besonderheit gibt es für Neugründungen im Hotellerie- und Gastronomiebereich – auch ohne Mitversicherung des allgemeinen Vertragsrechtsschutzes besteht für Streitigkeiten mit Gästen innerhalb der EU Versicherungsschutz bis zu einem Streitwert von EUR 5.000,-.

Nächste Woche erfahren wir, welche Gefahren aus Cyber-Angriffen sich ergeben können und wie die ARAG-Cyber-Versicherung helfen kann. Weiters wie es ARAG und deren Vermittlern bei der täglichen Umsetzung der IDD geht und wie die Kontrollen in diesem Bereich aussehen (Beratungsprotokoll immer oder anlassbezogen und wann?). Aber auch die Weiterbildungspflichten und ARAG-Webinare werden ein Thema sein.

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